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Tagebuch Doc12
2010-09-28 07:54
Der weinende Clown - 68

„Wie geht es Karsten? Du warst sicher heute in der Klinik, nehme ich an.“
Natürlich. Er hat sich riesig gefreut, kannst dir ja vorstellen. Es geht ihm gut, die Wunde am Kopf heilt auch relativ schnell, sagt der Arzt. Er hat den Verband weg und nur noch ein Pflaster drauf. Einen schönen Gruß soll ich dir sagen.“
„Danke.“
„Er hat mich übrigens heute noch mal gefragt, ob das dein Ernst war – das mit dem Lesen beibringen, meine ich.“
„Klar war das mein Ernst. Sonst hätte ich es nicht gesagt. Bei Kindern muss man vorsichtig sein, was man sagt, die nehmen einen sofort beim Wort.“
„Ich glaube, Karsten mag dich.“
„Ich weiß. Ich bin ein Kinderschreck.“ Er lachte und versuchte, das Gesicht zu einer dämonischen Fratze zu verziehen.
Sarah kicherte. „Gib dir keine Mühe – du wirkst nicht überzeugend genug.“ Sie schob sich ein Stück Steak in den Mund und fragte: „Und was hast du gemacht?“
„Geschrieben.“
„An deinem Clownroman?“
„Ja.“
„Kommst du vorwärts?“
„Gut sogar. Ich habe eher das Gefühl, ich bin zu schnell und arbeite zu viel. Sollte man nicht tun, man wird leicht betriebsblind. Ich habe beschlossen, das Manuskript ein paar Tage liegen zu lassen, um etwas Abstand zu gewinnen.“

„Dann könntest du doch ein paar Tage bei mir bleiben, oder?“
„Soll ich?“
„Heute ist Montag. Karsten wird erst am Mittwoch entlassen. Wir haben sturmfreie Bude.“ Sie zwinkerte ihm zu.
„Äh – wie darf ich das verstehen?“, fragte er gespielt scheinheilig und grinste.
„Du bist so unromantisch“, sagte sie unvermittelt und schmunzelte.
„Findest du?“
„Ja. Sag mir jetzt sofort etwas Romantisches!“
„Jetzt gleich? Du meinst, so einfach aus dem Stegreif? Ohne Probe? Während des Essens?“
„Ja!“
Theatralisch begann er: „Geliebte! Du bist der Schlüssel, der mich aufzieht, das Benzin in meinem Blut, das mich vorantreibt, die Glühbirne, die meinen dunklen Pfad erleuchtet, meine Königin, gekrönt mit den Splittern der zerbrochenen Zeit, der obere Kragenknopf, der mir mein Hemd ...“

Sarah lachte schallend und warf das Besteck auf den Teller. „Aufhören – hör sofort auf! Du bist einfach unmöglich, weißt du das?“ Sie hielt sich die Serviette vors Gesicht und hätte sich vor Lachen beinahe verschluckt.
„Ja. Das behauptet jeder. Aber ich muss damit leben.“ Er versuchte, einen zerknirschten  Eindruck zu machen.
Langsam hatte sie sich wieder gefangen. „Kannst du eigentlich auch ernst sein?“
„Hm – nun, ich weiß nicht ... doch ja, wenn’s sein muss.“
„Dann warte ich, bis es soweit ist“, meinte sie lächelnd und fügte hinzu: „Sei mal ehrlich, ich glaube, die Hauptfigur in deinem Clownroman bist du selbst.“
„Nein, der Titel lautet: Der weinende Clown. Wäre ich der Hauptprotagonist, müsste es ,Der alberne Clown’, heißen, oder? Entgegen meiner sonstigen literarischen Ergüsse wird es dieses Mal ausnahmsweise ein ernstes Buch.“

Sie antwortete nicht auf seinen Einwand. Eine Weile aßen sie schweigend, plötzlich legte er das Besteck zur Seite.
„Ist was?“, fragte sie.
„Gib mir deine Hand.“
Sie legte ihr Besteck ebenfalls zur Seite und reichte ihm die Hand. Er nahm sie, beugte sich leicht in ihre Richtung, sah ihr tief in die Augen. „Ich liebe dich, Sarah. Mir ist das heute richtig klar geworden.“ Seine leise Stimme klang zärtlich.
Sanft erwiderte sie den Druck seiner Hand. „Ich liebe dich auch – ich glaube, schon von dem Tag an, als wir uns das erste Mal begegnet sind.“, sagte sie leise und fuhr fort: „Ich denke, da hat jemand da oben Regie geführt. Schicksal oder so ...“

„Wie kommst du darauf?“
„Ich habe ihn gebeten, er möge dich zu mir schicken.“ Sarah deutete mit dem Zeigefinger zur Decke und sah ihn ernst an.
„Das werde ich nachprüfen.“ Er grinste und sah sie schräg an.
„Du wirst schon wieder albern.“
„Nein – im Ernst!“
„Gut ...“, erwiderte sie lachend, „... wenn dir die Prüfungsergebnisse vorliegen, dann sag’s mir.“
„Aber klar.“
Nach dem Essen, als sie den Tisch abgeräumt hatte, fragte sie: „Was möchtest du trinken?“
„Was hast du denn?“
„Nur Cola, Mineralwasser oder Fruchtsaft – oder Kaffee.“
„Wie wär’s mit Rotwein?“
„Hab ich nicht.“
„Beinahe hätte ich’s vergessen – da liegt zufällig noch eine Flasche Rotwein in meinem Auto“, meinte er schelmisch.
Sofort holen!“, befahl sie und lachte ihn an.
Da war es wieder zwischen ihnen – dieses unheimliche Knistern, und er wusste, wenn er ihr jetzt auch nur zwei Zentimeter näher kommen würde, dann ...

Kommentare

08:41 29.09.2010
Glaub ich nicht.
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unbekannt
14:42 28.09.2010
Uih, jetzt wird es spannend...

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2010-09-28 07:54