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Tagebuch Doc12
2010-09-22 09:05
Der weinende Clown - 62

Es war etwa gegen zehn Uhr Vormittags, als ihn das Telefon mit einem schrillen Läuten weckte. Seine Mutter war am Apparat. Er meldete sich.
„Hallo Bruno.“
„Hallo Mama. Was gibt’s?“
„Du klingst noch ziemlich verschlafen. Ist alles in Ordnung? Ich wollte nur hören, ob du noch lebst. Du hast dich schon ewig nicht mehr blicken lassen.“
„Alles in Ordnung, Mama. Es geht mir gut. Und bei euch?“
„Auch. Bis auf Papa. Er hat sich eine Blasenentzündung geholt.“
„Ekelhaft.“
„Wie meinst du das??“, fragte seine Mutter leicht irritiert.
„Kann ekelhaft weh tun, meine ich. Mach ihm einen Kübel voll Blasen und Nierentee.
Er soll sich warm halten.“
„Tut er schon.“
„Gut.“
„Was mir eben einfällt: Wolltest du nicht mit diesem Herrn Schöpf auf einen Kaffee vorbei kommen?“
„Vergiss es, Mama. Der Mann ist viel zu beschäftigt. Es wird nicht klappen.“
„Schade. Dann schau halt allein vorbei. Wie wär’s am Wochenende? Wir sind zu Hause.“
„Ich kann’s ja mal versuchen“, antwortete er lasch.
„Deine alten Eltern würden sich freuen.“
„Vielleicht bringe ich jemanden anderen mit.“
„Wen?“
„Das ist eine Überraschung.“
„Du solltest wieder heiraten, Junge“, meinte seine Mutter und quasselte weiter: „So allein, schon über Jahre hinweg – das ist doch nichts! Allein ist es im Himmel nicht schön. Der Mensch ist nicht dazu geboren, allein zu sein. Erst neulich traf ich Frau Angermeier von gegenüber. Sie hat mich gefragt, ob du schon wieder verheiratet bist und hat gemeint, dass du doch für dein Alter noch ganz gut aussiehst. Dein Vater sagt auch immer, dass ...
„Ja, ja, Mama. Ich weiß, was Papa immer sagt“, unterbrach er ihren Redeschwall
„Einen schönen Gruß übrigens von Tante Marie-Luise.“
„Zurück.“
„Was?“
„Sag ihr auch einen Gruß von mir, wenn du sie siehst.“
„Mach ich. Du könntest sie auch ruhig mal selbst anrufen. Sie würde sich freuen.
Sie erkundigt sich immer nach dir und will wissen, wie es dir geht.“
„Sie ruft mich ja auch nie an.“
„Ach du weißt doch, sie ist so vergesslich.“
„Ich auch, Mama. Ich werde langsam alt.“
„Egal, wie alt du bist. Du bleibst immer mein Kind, Bruno.“
„Ich weiß, Mama.“
„Isst du auch regelmäßig?“
„Ja Mama.“
„Gut – und zieh dich warm an, wenn du nach draußen gehst. Bis zu den Eisheiligen muss man immer noch vorsichtig sein.“
„Klar, Mama.“
„Also dann, bis zum Wochenende, ja?“
„Okay, Mama – wenn es zeitlich einigermaßen passt, komme ich.“
„Dann mach’s gut, Junge.“
„Du auch – und für Papa gute Besserung. Tschau.“

Er legte auf und schüttelte den Kopf. Ihre Probleme möchte ich haben, dachte er. Obwohl er seine Eltern liebte, immer sehr geliebt hatte, empfand er sie doch manchmal als lästig. Langsam wurden sie alt und senil und wenn er daran dachte, stimmte es ihn traurig. Gerade seine Mutter, die versuchte, ihm jede Kleinigkeit dreimal zu erzählen und nicht merkte, dass sie es bereits erzählt hatte. Und dann Tante Marie-Luise! Diese scheinheilige alte Schlange, die meist nur schlecht über die Leute redete und in der gesamten Verwandtschaft Gerüchte verbreitete, hatte er noch nie leiden können. Er würde den Teufel tun und sie anrufen! Apropos anrufen – ich muss mal sehen, ob der alte Herr da oben noch existent ist ...

Kommentare

08:48 23.09.2010
Vermutlich hatte er Langeweile und konnte nicht Aufhören...
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unbekannt
13:42 22.09.2010
Er packt aber auch wirklichen jeden Scheiß in dieses Buch...

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2010-09-22 09:05