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Tagebuch Doc12
2010-07-24 08:51
Der weinende Clown - 4

Das Handy klingelte wieder. Bruno nahm das Gespräch an.

„Steiger“.
„Hallo Bruno!“, tönte die gleiche warme tiefe Stimme von vorhin aus dem Telefon. „Sag mal, wieso legst du auf, wenn ich mit dir spreche? Ich bin Gott, dein Herr und Hirte! Ich meine es doch nur gut mit dir! Da kannst du doch nicht einfach das Gespräch beenden, mein Sohn – das ist absolut unhöflich und nicht gerade die feine englische Art!“
„Sie ...!“, schnaubte Bruno ins Telefon, „... wagen Sie es nicht, mich noch einmal zu belästigen! Ich falle auf so etwas nicht herein! Wer sind Sie überhaupt und was wollen Sie von mir?“
„Das habe ich dir bereits gesagt,“ entgegnete die tiefe Stimme geduldig und fuhr fort: „Außerdem will ich überhaupt nichts von dir – du hast schließlich zu mir gebetet und ich nicht zu dir, mein Sohn. Du hast mich gebeten, dir zu helfen – mir sogar mit Selbstmord gedroht. Also, was genau liegt an?“
„Das geht Sie überhaupt nichts an“, antwortete Bruno patzig.
„Das sehe ich ganz anders ...“, antwortete die Stimme und fuhr fort: „... schließlich habe ich dich erschaffen und fühle mich in gewisser Weise für meine Produkte verantwortlich, verstehst du? Außerdem kam da sehr viel Inbrunst rüber in deinem Gebet – und so etwas imponiert mir!“

Bruno stutzte. Woher wusste der Kerl, dass er inbrünstig gebetet hatte? Dem wollte er auf den Grund gehen und fragte: „Können Sie mir beweisen, dass Sie Gott sind?“ - „Klar.“

Bruno steckte sich den Zeigefinger seiner rechten Hand ins rechte Ohr und fragte: „Was mache ich jetzt gerade? Können Sie mir das sagen?
„Mit der linken Hand hältst du das Handy ans linke Ohr und der Zeigefinger deiner rechten Hand steckt in deinem rechten Ohr. Ein völlig unsinniges Verhalten übrigens, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“
„Sie haben geraten – das war Zufall!“
„Zufälle gibt es nicht, mein Sohn. Lass dir das gesagt sein. Meine Schöpfung arbeitet grundsätzlich nach dem Kausalitätsprinzip, vereinfacht ausgedrückt: nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung, kapiert?“

Bruno hatte zwischenzeitlich den Zeigefinger aus dem rechten Ohr genommen und ihn nun ins rechte Nasenloch gesteckt.
„Und was mache ich jetzt?“, fragte er.
„Jetzt bohrst du mit dem Zeigefinger deiner rechten Hand im rechten Nasenloch, du Ferkel!“, antwortete die Stimme.
„Woher wissen Sie das alles?“ Bruno Steiger war verdutzt.
„Der liebe Gott sieht alles! Weißt du das nicht? Ich kann mich erinnern, dass dir das deine Mutter schon als Kind erzählt hat – aber du hast das anscheinend vergessen! Außerdem bin ich nebenbei auch noch allwissend. Ich könnte dir auf der Stelle sagen, wer momentan noch alles in der Nase bohrt auf Erden, aber ich will mich nun wirklich nicht um jeden Nasenbohrer auf Erden kümmern. Übrigens kannst du getrost du zu mir sagen, genau genommen bin ich nebenbei auch noch dein Vater. Wenn auch nur der himmlische – aber immerhin.“
„Der Himmelpapa ...“, flachste Bruno. Er hatte seinen Humor wieder gefunden.

„Keine Verniedlichungen bitte! Sag mir lieber, wo dein Problem liegt, damit wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten können!“
„Also Gott, sei mir bitte nicht böse – aber ich muss das erst mal verdauen, verstehst du? Schließlich passiert es ja nicht jeden Tag, dass man von Gott persönlich angerufen wird.“
„Das kann ich durchaus verstehen. Ich telefoniere übrigens auch nur ganz selten und werde dich nicht mehr anrufen. Normalerweise kündige ich mich immer mit Blitz und Donner, Feuer und Rauch, schallenden Hörnern oder Pauken und Trompeten an, die Menschen erwarten das von mir und Spaß muss sein. Wie auch immer: Du kannst mich aber jederzeit erreichen, wenn du etwas brauchst oder Fragen hast. Du sollst nur wissen, dass ich immer für dich da bin. Meine Telefonnummer wäre 1383241200. Wenn du die Null am Schluss weg lässt und an deren Stelle die zwölf wählst, hast du mich sofort an der Strippe. Es handelt sich um meine Durchwahlnummer.“

„Die Null weglassen und die Zwölf wählen. Gut. Hoffentlich kann ich mir die Nummer merken.“ Bruno hatte ein leicht hämisches Grinsen auf den Lippen. „Selbst der dümmste Mensch auf Erden kann sich diese Nummer merken. Die 1 steht für mich, da ich die Nummer eins bin, die erste 3 steht für die Heilige Dreifaltigkeit, die 8 symbolisiert die Unendlichkeit, die nächste 3 steht für die Heilige Familie, also Jesus, Maria und Josef, die anderen Zahlen stehen für das Geburtsdatum
meines Sohnes Jesus. Die Zwölf habe ich mir geben lassen zum Gedenken an die zwölf Apostel, sie fühlen sich dadurch sehr geehrt. Die alten Knaben haben nämlich eine riesen Nummer bei mir.“ Nach einer kurzen Pause fuhr die Stimme fort: „Allerdings verbinde ich damit eine Auflage: Du darfst diese Nummer an keinen anderen weitergeben. Es ist dir verboten – unter allen Umständen! Solltest du diesem Verbot zuwiderhandeln, dann werde ich dir nie wieder antworten und zudem dein Handy und jedes weitere Handy, das du erwirbst, mittels Blitzschlag vernichten. Wenn du das Ding dann zufällig in der Hosentasche trägst, ist das dein Problem. Alles klar, mein Junge?“

„Okay, ich gebe die Nummer auf keinen Fall weiter – hoch und heilig versprochen“, antwortete Bruno. Der Kerl am anderen Ende der Leitung war ganz schön pfiffig – und anscheinend hatte er Humor.
„Das will ich dir auch geraten haben“, sagte die tiefe Stimme und fuhr fort: „... und jetzt halte die Ohren steif, leb’ anständig, sündige fortan nicht mehr und hör endlich auf, dich selbst zu bemitleiden. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Du kennst dieses Sprichwort – und ich sage dir: Da ist was dran.“


Ein leiser Klick und die Verbindung war abgebrochen.

Kommentare


unbekannt
09:40 24.07.2010
ein leises lachen entlockte es mir schon...und wenn ich den ersten drang, diese gottsache als albernheit zu betrachten, ignoriere und mich einlasse, dann ist es schon zum schmunzeln....bin auf jeden fall interessiert, wie es weiter geht

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2010-07-24 08:51