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Tagebuch Doc12
2010-08-28 08:51
Der weinende Clown - 37

„Undank ist der Lohn der Welt, sage ich Ihnen! Seit Jahrzehnten habe ich immer darauf geachtet, dass zwischen den wirtschaftlich Schwachen und den Starken ein Ausgleich vorhanden war, ich habe das als meine vorrangige Aufgabe betrachtet. Doch blicke ich zurück, dann muss ich zugeben, dass ich nicht sonderlich erfolgreich dabei war. Ich wollte die Schere zwischen Schwachen und Starken etwas schließen. Doch wie sieht es heute aus? Genau das Gegenteil ist der Fall: Sie hat sich immer weiter geöffnet. Und je mehr ich mich engagiert habe, desto mehr soziale Verantwortung drückten mir die Bürger aufs Auge.“
„Hätte ja vielleicht auch alles funktioniert, wenn Sie den demografischen Aspekt im Auge behalten hätten“, entgegnete Bruno.
„Sie sagen das so einfach – aber ich bin kein Hellseher! Wie hätte ich vor Jahrzehnten wissen sollen, wie sich die Medizin entwickelt? Wie hätte ich ahnen können, dass die Menschen immer älter werden?“
„Nun machen Sie aber einen Punkt!“, erwiderte Bruno bissig, „Die Zeichen für diese Entwicklung waren doch nicht zu übersehen! Die Leute wurden nicht einfach von Heute auf Morgen sprunghaft älter, sondern es war eine permanente Entwicklung der letzten Jahrzehnte! Was also hat das mit Hellseherei zu tun?“
„Ich sehe schon, Sie sind nicht der Richtige für eine Diskussion.“ Der Mann stand eilig auf, lief zur Tür und war augenblicklich verschwunden.

Als er aufwachte und auf die Uhr sah, stellt er fest, dass es bereits lange nach Mitternacht war und er über vier Stunden geschlafen hatte – dennoch fühlte er sich immer noch müde, ausgelaugt und völlig matschig. Und dann dieser idiotische Traum! Das kommt davon, wenn man vor dem Fernsehapparat schläft, schimpfe Bruno mit sich selbst. Langsam stand er auf, torkelte schlaftrunken ins Bad, um gleich danach todmüde in sein Bett zu fallen.

Trotz der bleiernen Müdigkeit hatte er schlecht geschlafen und war zwischendurch immer wieder aufgewacht. Eine unerklärliche Unruhe rumorte in ihm und beinahe wäre er aufgestanden, um zu schreiben, aber dann fehlte ihm doch die Kraft, seinen inneren Schweinehund zu überwinden. Gegen Morgen fand er endlich den ersehnten Schlaf, wachte erst am Mittag wieder auf, als die Sonne durch sein Schlafzimmerfenster schien und ihn in der Nase kitzelte. Er stand auf, wankte ins Bad, duschte und rasierte sich nur widerwillig – ihm graute vor sich und der Welt. Obwohl draußen hell die Sonne schien, war es dennoch wieder einmal einer jener Morgen, die ihn am Sinn seines eigenen Lebens zweifeln ließen. Und nicht nur am Sinn des eigenen Lebens, auch am Sinn der Welt.
Was sollte das alles? Zu was sollte das alles gut sein? Der ewig gleiche Trott, keine Höhen, die üblichen Tiefen, er empfand das Leben und das ganze Geschehen um sich herum als stete Wiederholung, hatte das Gefühl, in einer Endlosschleife gefangen zu sein. Und das besonders Schlimme daran war, das er nie wusste, an welcher Stelle dieser Endlosschleife er sich gerade befand ...

Er musste nach oben telefonieren! Irgendwie sollte es doch einen Ausweg geben aus diesem elenden Hamsterrad ... Er nahm das Handy und wählte.

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2010-08-28 08:51