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Tagebuch Doc12
2010-11-23 09:23
Der weinende Clown - 122
Eines Abends – Bruno saß allein zu Hause vor dem PC, um ein paar Dokumente für seinen Anwalt auszudrucken, kam ihm plötzlich die Idee, einfach mal wieder „oben“ anzurufen – ohne Grund, nur so. Er nahm das Handy und wählte.

„Hallo Bruno, lieber Freund, lebst du auch noch?“, sagte die tiefe warme Stimme lachend.
„Aber klar! Wenn ich tot wäre, wüsstet du das vermutlich als Erster“, entgegnete Bruno und musste ebenfalls lachen.
„Schön, dass du dich mal wieder meldest – ich glaubte schon, du hättest mich vergessen.“
„Gott bewahre, wie könnte ich! Du kamst mir eben in den Sinn und da dachte ich mir, ich ruf dich einfach an.“
„Das freut mich sehr. Ich mag das und ich brauche das auch unbedingt.“
„Du brauchst das unbedingt?? Wie soll ich denn das verstehen? Dass du von mir angerufen wirst??“
„Nein, nicht deine Anrufe – dass die Menschen an mich denken.“
„Ach so. Ich verstehe aber trotzdem nur Bahnhof.“
„Was ist ein Schöpfer ohne seine Geschöpfe?“, fragte Gott.
„Schwierige Frage.“
„Nichts“, kam prompt die Antwort.
„Aus dieser Perspektive habe ich es noch nie betrachtet. Wäre auch schlecht möglich. Aber sicherlich erklärst du mir gerne, weshalb das so ist.“
„Ganz einfach: Weil ein Schöpfer in seinen Geschöpfen lebt und erst durch sie lebt, genauso wie sie durch ihn und in ihm leben, verstehst du?“
„Nein, klingt kompliziert. Ich dachte immer, du wärest autark.“
„Bin ich auch.“
„Also wo ist dann das Problem? Ich begreife es nicht.“
„Ich erkläre es dir an einem naheliegenden Beispiel: Ein Buch, das du schreibst, ist sozusagen dein Geschöpf – du hast es geschaffen.“
„Ja und? Was ist nun so toll daran?“
„Es würde ohne dich nicht existieren.“
„Kapiert. Und weiter?“
„Du lebst andererseits aber auch in deinem Buch, indem du in ihm deine Gedanken übergibst und einen Teil deiner Persönlichkeit. Du drückst ihm deinen Stempel auf.“
„Gut, auch begriffen.“
„Was wärest du ohne deine Bücher?“
„Kein Buchautor“, antwortete Bruno lachend.
„Und ich ohne Menschen nicht Gott“, sagte Gott.
„Klingt irgendwie logisch. Aber ich bin mir ziemlich sicher, du hättest dann ein anderes Betätigungsfeld als dieses gefunden. Und wer weiß, vielleicht sogar ein noch Besseres.“
„Ganz sicher sogar, aber der Mensch ist mir außergewöhnlich gut gelungen, weißt du. Er ist genau genommen die Krone der Schöpfung.“
„Na ja – so ganz sicher bin ich mir da nun nicht, aber wenn du es sagst, dann wird es wohl stimmen ... Ich kenne einige Menschen, die diese Bezeichnung kaum verdienen würden.“
„Ich betrachte es auch nur von den Anlagen her – körperlich und geistig. Was jeder daraus macht, ist dessen eigene Angelegenheit ...“

„Übrigens – weil wir gerade miteinander sprechen: Ich hätte eine Frage. Gestern war ich bei meinem Anwalt und der beklagte sich bitter. Er sagte, es gäbe keine Gerechtigkeit mehr. Was verstehst du denn genau darunter?“
„Es ist eigentlich paradox, wenn sich ein Anwalt beklagt. Er sollte eigentlich klagen.“ Gott lachte und fuhr fort: „Gerechtigkeit? Die liebe Justitia? Die gibt es schon noch, aber kaum unter den Menschen, da sie subjektiv empfunden wird – mit dem Begriff ,Gerechtigkeit’ geht jeder anders um. Und kein noch so guter Richter auf der ganzen Welt ist genau genommen unbefangen und somit gerecht. Und manchmal ist Justitia auch blind – wenn die Kasse stimmt.“
„Ein Richter ist bekanntlich auch nur ein Mensch“, wandte Bruno ein.
„Stimmt – Recht haben und Recht bekommen ist ja zwischenzeitlich bei euch Menschen ein geflügeltes Wort. Und das kommt daher, weil Gerechtigkeit schon immer käuflich war – und dies ist nicht nur eine Erscheinung der Neuzeit. Wer Geld und Besitz hat, bekommt meist Recht und ihm widerfährt Gerechtigkeit – und zwar Gerechtigkeit in seinem Sinne. Du kennst doch das Sprichwort: ,Den Kleinen hängt man, den Großen lässt man laufen.’ Gerechtigkeit ist genau genommen eine Kardinaltugend, doch ihr Menschen tut euch damit schon deshalb schwer, weil sie für jeden eine abstrakte Empfindung ist. Ihr sprecht häufig von eurem Gerechtigkeitsgefühl – doch ist es ein Gefühl und auf euren Gefühlen allein könnt ihr keine Burgen bauen, das wisst ihr, denn sie sind unbeständig wie der Wind, flüchtig wie Schall und Rauch und sie vertrocknen so schnell wie der Morgentau auf einem
Rosenblatt, wenn ihr sie nicht ständig hegt und pflegt und ein Auge darauf habt. Und deshalb wird es unter euch Menschen niemals wahre Gerechtigkeit geben, denn wenn man es genau besieht, könnt ihr mit diesem Begriff eigentlich nichts anfangen, konntet es noch nie und eure Philosophen haben sich bereits in der Antike den Kopf darüber zerbrochen. Was für den einen recht ist, ist für den andern billig. Die soziale Gerechtigkeit, wobei ihr Chancengleichheit, Gleichberechtigung, Gleichverteilung und all diese schönen Schlagworte meint – das gab es noch gar nie, auch wenn so genannte kluge Köpfe und Experten euch dies unermüdlich weismachen wollen.“

Kommentare


unbekannt
19:17 24.11.2010


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09:23 23.11.2010
Und wieder ein Text nur Bla Bla Bla...
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2010-11-23 09:23