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Tagebuch Doc12
2010-11-06 10:00
Der weinende Clown - 106
Bruno war völlig perplex, als er feststellten musste, dass die Gesichtszüge Donatellos fast annähernd identisch mit den seinen waren –. Nachdenklich den Kopf schüttelnd verließ er den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.

Kaum zu Hause angekommen, nahm er nervös und hastig sein Handy und wählte.
„Hallo Bruno, schon wieder daheim?“, tönte die wohlbekannte freundliche Stimme, die er in den letzten Tagen bereit vermisst hatte. Schlagartig legte sich seine Nervosität wieder.
„Hallo Gott! Ja – ich bin ausgebüxt.“
„Schlingel!“ Gott lachte.
„Ist doch auch wahr! Die machen aus einer Mücke einen Elefanten! Und genau genommen wollen sie nur Geld verdienen, das ist alles!“, ereiferte er sich.
„Tja – euer eigentümliches Gesundheitssystem ...“, meinte Gott ironisch.
„Aber abgesehen davon – das hast du mal wieder sehr genial eingefädelt ...“
„Genial eingefädelt? Das empfindest nur du so. Für dich sieht es genial aus. Ich kenne lediglich die Zusammenhänge und bin dadurch in der Lage, die Verknüpfungen herzustellen und die Dinge aneinander zu fügen – das ist alles.“
„Das ist alles“, brummte Bruno. „Ganz einfach – natürlich.“
„Klar ist das einfach.“
„Und ich dachte immer, du greifst in den Ablauf der irdischen Dinge nicht ein – zumindest hast du das mir gegenüber behauptet.“
„Hab ich auch diesmal nicht getan. All dies hat sich so ergeben, weil ich es wollte. Aber das war noch längst kein Eingriff – zumindest nicht im üblich verstandenen
Sinn.“
„Na ja ...“, meinte Bruno zweifelnd und schüttelte den Kopf.
„Du wirst doch hoffentlich nicht an mir zweifeln wollen, oder?“
„Wäre dem so, dann würde ich nicht mit dir telefonieren.“
„Oh! Ein Zwergenaufstand!“, erwiderte Gott nur und lachte.
„Aber eigenartig war es schon, meinen Romanhelden neben mir liegend zu finden – ich war ziemlich geplättet, wenn ich das mal so sagen darf – zumal ich nicht im Traum daran gedacht hätte, dass er wirklich existiert. Und weißt du, was mich besonders überrascht hat? Er sieht mir auch noch verdammt ähnlich, fast schon wie ein Zwillingsbruder, nur etwas dicker ... Wie auch immer: Mir war dann aber ziemlich schnell klar, dass nur du dahinter stecken kannst. Verflixt! Du immer mit deinen göttlichen Fügungen!“

Gott lachte schallend und meinte dann: „Du kennst doch das Sprichwort: ,Der Mensch denkt und Gott lenkt’ – hier hast du wieder mal den schlagenden Beweis.“
„Ich hab’s ihm übrigens erzählt ...“
„Ich weiß.“
„Und?“
„Das war in Ordnung.“
„Wie? Du hast nichts dagegen?“
„Nein.“
„Und warum nicht?“ Bruno war überrascht – denn eigentlich hatte er für seine Geschwätzigkeit eine Standpauke erwartet.
„Das hat einen ganz bestimmten Grund. Es ist eine längere Geschichte und du solltest sie kennen.“
„Wir könnten uns ja in einem Biergarten treffen, dann brauchst du sie mir nicht am Telefon zu erzählen“, meinte Bruno ironisch und grinste.

Eine kurze Pause entstand, dann meinte Gott: „Tja – warum eigentlich nicht? Gute Idee!“
Jetzt musste Bruno herzhaft lachen. Allein die Vorstellung, mit Gott in einem bayerischen Biergarten zu sitzen, Weißwürste zu essen, ein Radler zu trinken und zu plauschen, kam ihm urkomisch vor.
„Jetzt lach nicht so blöd, mein Sohn!“, sprach Gott etwas ungehalten weiter und fuhr fort: „Ich weiß, was du eben gedacht hast: Mit Gott in einem bayerischen Biergarten zu sitzen, Weißwürste zu essen, ein Radler zu trinken und zu plauschen, findest du urkomisch. Kann ich dir auch nicht verdenken, denn die meisten Menschen, die an mich glauben, sind der Ansicht, ich halte mich nur in den Kirchen auf. Gotteshäuser, Kirchen, Tempel oder Moscheen nennen sie diese pompösen, nach Weihrauch stinkenden, ungemütlichen und mit Gold überladenen Bauwerke mit Glockenturm. Dort würden sie mich am liebsten einsperren – damit alles seine Ordnung hat. Gott gehört nicht auf die Straße, er gehört in die Kirche! Glauben sie. Nur einmal im Jahr lassen sie mich heraus – am Fronleichnamstag, zumindest meine Katholischen. Dann tragen sie mich symbolisch in Prozessionen durch die Straßen, vielleicht deshalb, um mir die Gelegenheit zu geben, wieder mal Frischluft zu schnappen und das Sonnenlicht zu sehen, leiern dabei fünfundzwanzig Mal die gleichen Gebete vor sich hin, weil ich ja leicht begriffstutzig bin und beim ersten Mal nicht weiß, was sie meinen. Aber ich wurde von den Menschen schon immer für dümmer gehalten als ich es in Wirklichkeit bin.“
„Das darfst du ihnen nicht verübeln, lieber Gott – sie meinen es gut und wollen dir damit die gebührende Ehre erweisen. Würden sie deine wahre Größe auch nur annähernd erfassen, kämen sie sich vielleicht dumm vor – wer weiß?“
„Sicherlich nett von ihnen und mir ist auch klar, dass der Mensch seine Riten braucht, aber es wäre mir viel lieber, sie würden endlich kapieren, dass ich allgegenwärtig bin. Und nun frage ich dich: Weshalb sollte ich nicht auch in einem Biergarten sein?“

„Klingt irgendwie logisch ...“, entgegnete Bruno, „... aber allein schon der Gedanke belustigt mich ganz einfach, denn ich bin im katholischen Glauben erzogen worden und habe schon sehr früh gelernt, dass du weit über den Dingen stehst – und deshalb dachte ich ...“
„Papperlapapp! Ein Weißwürstchen in Ehren kann niemand verwehren. Schließlich war die Erfindung der Weißwurst ja auch von mir initiiert – nebst Händlmaier- Senf natürlich – weil mir die Bayern nämlich sehr ans Herz gewachsen sind.“
„Du wirst mir immer sympathischer“, bemerkte Bruno.
„Ich soll dir nicht sympathisch sein, du sollst mich lieben und ehren, Mensch!“
„Tu ich doch!“
„Na also. Wird ja langsam. Wann treffen wir uns?“
„Morgen Nachmittag?“
„Geht klar.“
„Und in welchem Biergarten?“
„Such dir einfach einen aus. Ich finde dich schon.“
„Um welche Uhrzeit?“
„Was interessiert mich eure Uhrzeit?! Die Zeit, so wie ihr sie kennt, ist eine Erfindung der Menschen. Genau sie ist es, die euch ohne Gnade durchs Leben jagt und erbarmungslos die Geschehnisse diktiert. Aber auch diese Misere habt ihr euch selbst eingebrockt. Eure Zeit ist für mich absolut bedeutungslos, das habe ich dir schon ein paar Mal versucht, verständlich zu machen. Geh einfach morgen Nachmittag in einen Biergarten.“

„Erscheinst du wieder so wie das letzte Mal? Ich meine ...“
„Du wirst mich erkennen.“
„Um was geht es denn eigentlich in dieser Geschichte?“, wollte Bruno wissen.
„Ich erzähle sie dir morgen.“
„Gib mir wenigstens einen kleinen Hinweis.“
„Es ist die Geschichte zweier Seelen, die eine sind.“
„Jetzt bin ich genauso schlau wie vorher“, maulte Bruno und schüttelte verständnislos den Kopf.
„Das war beabsichtigt. Morgen weißt du mehr. Und noch was: Komm bitte allein.“ Ein Klick und das Telefonat war beendet.

Kommentare

08:54 07.11.2010
Besser nicht, unbekannt. Sonst bist Du am Ende nur enttäuscht.
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unbekannt
07:41 07.11.2010
Darf ich hoffen, dass es jetzt mit der eigentlichen Geschichte losgeht?

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2010-11-06 10:00