Wendepunkt?
Am Samstag habe ich mich mit meiner Lebensgefährtin C. getroffen. Schon am Telefon war sie etwas ...“komisch“. So ruhig und vorsichtig. So, als unterdrückte sie Gefühle. Das kenne ich. Auch wenn wir schon seit mittlerweile 3 ½ Jahren auseinander sind, sind da immer noch starke Gefühle, und es gibt immer gewisse Situationen, die einem einen kleinen Stich ins Herz versetzen. Sei es das eine oder andere Lied im Radio oder das Weihnachtsfest, nur um einige Beispiele zu nennen. Auf beiden Seiten ist trotz neue Partner immer noch ein großes Loch, was wohl nie ganz gefüllt werden kann. Und manchmal, wenn C. wirklich nicht weiter weiß, und ihr Freund wieder auf Geschäftsreisen ist, treffen wir uns und reden. Dann halte ich sie im Arm und tröste sie. Davon ging ich diesen Samstag auch aus.

Mit etwas übertriebener Fröhlichkeit traf ich bei ihr ein. Der Frühstückstisch war gedeckt, ich brachte die Brötchen mit. Dann saßen wir da wieder zusammen. Als ob nichts geschehen wäre. So, wie die 11 Jahre, die wir zusammen waren, zelebrierten wir unser Frühstück. Das Radio lief im Hintergrund und wir konnten uns total fallen lassen und ohne Scheu über alles reden. Immer wieder schaute sie mich mit diesen komischen, aber nicht traurigen Blick an. Das irritierte mich ein wenig. Einige Male unterbrach ich meinen Redefluß und fragte direkt, ob sie denn was habe, ob sie über etwas bestimmtes reden wolle. Ständig verneinte sie.

Ein letzter Rest Kaffee schwamm noch im Stövchen über der Kerzenflamme, Brötchenkrümmel lagen verteilt auf dem Tisch. Ihre Beine hatte sie auf meine ausgestreckt und ich merkte, wie sie allen Mut zusammen faßte. Plötzlich beugte sie sich vor, nahm meine Hände und schaute mir fest in die Augen. Dann meinte sie, dass sie mir doch was zu sagen hätte. „Jetzt“, dachte ich mir, „jetzt mußt du ruhig bleiben! Sammel all deine Kräfte, um sie gleich zu beruhigen!“ Sicherlich hat sie sich von ihrem Freund getrennt, da er selten Zuhause ist. Und sie ist nun mal ein Gesellschaftsmensch, der nicht lange allein bleiben kann. In Gedanken plante ich schon ein Bett mehr in meiner Wohnung für sie ein...

„Ich bekam einen Heiratsantrag!“

PENG

Da saß ich nun. Mein Blick ging an ihr vorbei ins Leere. Mein Gesicht hätte jeden Pokerspieler neidisch gemacht. Die Sekunden quälten sich dahin. Darauf war ich nun gar nicht vorbereitet. Endlich schaute ich wieder in ihre Augen. Tränen waren da, und ein erleichtertes Lächeln. Ich lächelte zurück und nahm sie ganz fest in meine Arme. Ich merkte, wie ihr eine Riesenlast vom Herzen fiel.

Das hatte sie also die ganze Zeit bedrückt. Wie ich darauf reagieren würde. Schließlich waren wir mal verlobt und natürlich lieben wir uns noch.

Wie waren, wie sind meine Gefühle? Ich muß ganz ehrlich gestehen, ich freue mich wahnsinnig über diese Neuigkeit. Es hört sich vielleicht etwas komisch an, aber ich habe mir bisher immer Sorgen um sie gemacht. Ob sie denn an den Richtigen gerät, das sie glücklich wird, das hat mich seit unserer Trennung immer wieder beschäftigt. War auch das der Grund, warum ich nicht vor ihr...?

Nicht nur C., auch ich fühle mich wie von einer Last befreit. Wir gingen danach noch durch Dortmund spazieren. Wenn ich jetzt mit ihr telefoniere, höre ich eine fröhliche und lockere Frau am anderen Ende.

Sicherlich hatte ich Angst vor dieser Nachricht. Schließlich war so unsere Zukunft mal geplant. Als dann unsere Beziehung in Scherben lag und wir langsam wieder zueinander fanden, war dieses Thema tabu. Wie beide mieden es, dieses nur anzusprechen, auch wenn es uns unausgesprochen ständig begleitete; erst recht, als wir beide dann unsere neuen Partner fanden.
Jetzt ist die Zukunft aber wieder offen, wir können uns wieder frei bewegen, ohne den anderen zu verletzen.

Die Hochzeit findet nächstes Jahr statt, bin gespannt, wie sich das auf mein leben auswirkt...