Veränderungen
Die Zeit verrinnt wie Sandkörner. Du kannst versuchen, sie zu halten; versuchen, die Hände fester zu schließen, doch sie rinnen dir zwischen den Fingern von hinnen.

Ich habe ein neues Cafe hier in meinem Wohnort für mich entdeckt. Es ist klein und unheimlich gemütlich. Die Plätze vor der großen Fensterfront sind stets besetzt, doch diesmal hatten wir Glück und konnten zwei Sessel mit einem kleinen Holztisch für uns ergattern. Diesmal bin ich mit Dagmar hier, eine sehr alte Freundin. Nein, sie ist nicht alt, wir kennen uns nur schon seit vielen Jahren. Bei einer großen Tasse heißen Kaffee sitzen wir uns gegenüber und unterhalten uns. Der Cafebetrieb bildet ein leises Hintergrundgeräusch, der Typ neben uns telefoniert auf Englisch mit einem Geschäftspartner. Es ist früh am morgen, der Kaffee tut gut. Wie immer, wenn Dagmar und ich uns treffen, haben wir viel zu reden und stellen gegenseitig unsere Zukunftspläne vor.

Irgendwie habe ich das Gefühl, die Zeit ist ausgesperrt. Dagmar ist die Personifizierung meiner Vergangenheit. Wir haben damals einiges unternommen, nachdem sie sich von ihrem Freund, und ich mich von C. getrennt haben. Wir waren sogar 2 Tage in London, haben von unserer (nicht gemeinsamen) Zukunft geträumt. Nun bin ich verheiratet, C. ist seit einigen Wochen Mutter... nur Dagmar zieht noch suchend durch die Welt, scheint aber mit ihrem Leben zufrieden zu sein.

Ich mag es nicht, wenn das Leben sich ändert. Man kann es aber nicht aufhalten. Kürzlich ertappte ich mich dabei, wie ich die Zeit vermisse, die ich mit C. vor der Geburt ihrer Tochter hatte. Wir trafen uns regelmäßig in Cafes, quatschten über unser Leben, das wir gemeinsam über 11 Jahre teilten; froh, dass wir freundschaftlich immer noch zusammen sind. Nun ist sie Mutter, hat weniger Zeit...

Vielleicht genieße ich deshalb die Zeit mit Dagmar in diesem Cafe. Ein Stück Vergangenheit, ein Hort der Ruhe innerhalb der zeitlichen Turbulenzen.

Doch auch hier holt mich die Gegenwart ein. Wir reden über den Wunsch, Kinder zu haben. Dass sich mein Leben ändern wird, wenn ich erst mal Vater bin. Dass ich dann nicht mehr so reisen kann wie jetzt, dass ich dann nicht mehr diese ausgedehnten Fototouren unternehmen kann, ganz zu schweigen von den Aktshootings bei mir Zuhause. Zur Zeit habe ich das Gefühl, es kann in meinem Leben nicht besser laufen. Somit muss jede Veränderung logischerweise nur eine Verschlechterung sein.

Die Zeit rinnt unaufhaltsam durch die Türritzen ins Cafe. Ich kann sie ebenso wenig stoppen, wie die Sandkörner in meinen Händen...