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Tagebuch CharlieB
2005-08-18 17:47
Sternschnuppen und Nachtschwärmer
Brutal schallt der nervige Weckton meines Handys durchs Schlafzimmer. Schnell greife ich danach und laß es verstummen. Meine Augen versagen mir noch den Dienst. Trotzdem schwinge ich meine Beine aus dem Bett und gehe zum Fenster. „Bitte, laß es bedeckt sein“, durchfährt es mein noch vom Schlaf benebeltem Gehirn. Ich schaue hinaus, schaue hinauf; kalt glitzern mir die Sterne entgegen.

„Und?“, kommt es vom Bett her. Meine Freundin ist ebenfalls erwacht. „Scheiße“, entgegne ich ihr „mach dich bitte fertig, wir müssen los.“

Nur langsam verschwindet die Müdigkeit aus den Knochen. Schnell sind wir angezogen. Der Kaffeemaschine blubbert in der Küche während ich noch auf dem Balkon Richtung Westen schaue. Auch von dort kommen keine Wolken auf. Der fertige Kaffee wird in einer Thermoskanne geschüttet, die Decke gerollt unterm Arm geklemmt. Dick eingepackt gehen wir zu unseren Fahrrädern, packen diese voll und fahren in die leise und kalte Nacht.

Immer öfters müssen wir nun lächeln, schütteln unsere Köpfe. Statt im warmen Bett auszuschlafen (wir beide haben sehr anstrengende Arbeitstage hinter uns), radeln wir nun um 3.30 Uhr in der Früh über die ausgestorbenen Straßen Richtung Außerhalb, den Feldern entgegen. Hauptsache weit weg von der Lichtverschmutzung der Stadt. Wir nähern uns einen kleinen Wald. Hier ist es wirklich dunkel, da wird uns plötzlich bewußt, dass unsere Lampen an den Rädern nicht funktionieren. Na, egal. Wer will hier schon um diese Uhrzeit Anstoß darüber üben? Und wie es so will, nähert sich uns der erste Wagen. Wir rechts ran, lassen ihn vorbei. Kurze Zeit später wieder einer von hinten. Was ist denn hier los? Wenn ich hier langjogge, begegnet mir kaum ein Wagen, und jetzt fast ständig.

Wir nähern uns einer kleinen Diskothek. Ich habe sie noch nie offen gesehen. Klar, sonntagsmorgen, wenn ich hier jogge, ist sie natürlich geschlossen. Jetzt um diese frühe Uhrzeit wimmelt es hier nur so von Nachtschwärmern. Ich schaue wirklich nicht schlecht, als mir eine langbeinige Blondine mit Minirock entgegen kommt und grüßt. Jetzt schütteln meine Freundin und ich unsere Köpfe ob unserer Naivität. Natürlich ist hier noch allerhand los. Wir müssen wirklich ein tolles Bild abgegeben haben: beide warm eingepackt, mit Decke auf dem Gepäckträger unserer Fahrräder schieben wir diese an den verdutzt schauenen Leuten vorbei, die sich vor ihren aufgemotzten Autos cool eine Zigarette rauchen. Schon ernten wir die ersten Sprüche. Klar, ein Pärchen mit Decke begeben sich in Richtung abgeschiedene Felder. Welche Gedanken drängen sich da einem auf?

Sehr bald schon verschwindet das Licht, die Stimmen und der hämmernde Baß in die Dunkelheit. Die Einsamkeit nimmt uns wieder auf. Bald schon bleiben wir stehen und stellen unsere Räder ab. Eigentlich wollten wir uns auf die Decke legen, verwerfen diesen Gedanken aber, da der Boden vom Vortag noch sehr feucht ist. So bleiben wir stehen, teilen uns den Kaffee und schauen Arm in Arm zum dunklen Himmel hinauf.

Es ist August. Wie jedes Jahr um diese Zeit durchfliegt die Erde den Staubgürtel des Kometen Swift-Tuttle. Um diese Uhrzeit befinden wir uns in Flugrichtung der Erde, also die richtige Voraussetzung.

Da stehen wir nun. Zwei engumschlungenen Gestalten inmitten dem Sternenmeer und schauen zu, wie hunderte von Kilometer über uns kleine Staubpartikeln in der Atmosphäre verglühen. Mal weist meine Freundin, mal ich mit ausgestrecktem Arm in einer Richtung, wo gerade eben ein Lichtblitz über das Firmament auftauchte. Wo es gerade eben noch zu sehen war, ist es schon wieder verschwunden. Flüsternd unterhalten wir uns. Andächtig, als ob wir dieses Naturschauspiel nicht stören wollen.

Nach fast einer Stunde ziehen langsam Schleierwolken auf und decken den Himmel wie ein Vorhang zu. Fertig mit der Vorstellung, scheint uns die Natur zu sagen. Wir packen unsere Fahrräder und fahren den Weg zurück. Die Reihen der Nachtschwärmer an der Diskothek hat sich auch schon stark gelichtet; wir bezweifeln, dass nur einer mitbekommen hat, was über ihren Köpfen geschehen war.

Etwas durchgefroren, unendlich müde aber glücklich liegen wir bald wieder in unserem Bett. „Verrückt“, flüstere ich noch leise, meine Freundin antwortet mit einen müden aber zufriedenen Brummen, dann schlafen wir ein...

Kommentare

17:29 27.08.2005
achja..was für ne spannende nachtwanderung ;)
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unbekannt
18:41 22.08.2005
Sagen doch nur, was wir denken.... :)

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19:32 19.08.2005
Ich danke euch beiden für eure wunderschönen Kommentare. Es ist wirklich toll, wenn man so ein Feedback bekommt.
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unbekannt
06:34 19.08.2005
Ein wunderschöner Text, mein Kompliment !!! Und ein wunderschönes Erlebnis....du hast mich einen Moment entführt, in eine zauberhafte Welt...ich danke dir :) wunderschön !!!

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05:34 19.08.2005
Tolle Idee, auf sowas würde ich nie kommen, morgens um 03:30 Uhr in der Dunkelheit mit dem Fahrrad durch abgelegene Felder zu fahren, anzuhalten und Sternenstaub zu beobachten. Aber daran sieht man...Es gibt doch noch romantische Männer, die sowas mitmachen. Find ich super!!
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2005-08-18 17:47