Ein Vegetarier beim Fleischer
Heute morgen ging es in die herrliche Kälte Richtung Innenstadt. Wie jedes Jahr kaufte ich die Zutaten meines berühmten Weihnachtsessen ein. Ich weiß nicht, wie das heißt, auf jeden Fall ist das Hackfleisch in mehr oder weniger kunstvoll umwickeltem Blätterteig. Ich habe das vor viiiielen Jahren mal zu Weihnachten gemacht und schmeckt super. Nun, vor ca. 6 Jahren wurde ich Vegetarier, trotzdem erwarten meine "Fans" dieses Gericht. Ach so, meine "Fans" hier sind (für die, die mich noch nicht so kennen) meine Ex-Freundin C. (wir sind aber seit der Trennung beste Freunde geblieben, unternehmen sehr viel; sie ist also im wahrsten Sinne des Wortes meine Lebensgefährtin, da wir wohl unser gesamtes Leben lang "zusammen" sein werden), somit ist sie offiziell meine beste Freundin (aber da läuft nichts!!!), dann sind da ihre Eltern, die wir alle sooo lieb haben, weil sie.... einfach so lieb sind. Sie haben meine Frau so in ihrem Herzen aufgenommen, als ob sie ihre Schwiegertochter wäre. Und last but not least ist da noch J., der Mann von C.; klasse Kumpel, auf dem man sich verlassen kann.

Okay, auf jeden Fall war ich dann heute morgen bei diesem Fleischer. Ich kramte meinen Zettel heraus und bestellt 750 g Gehaktes halb/halb. Die Verkäuferin rasselte herunter, ob es denn okay wäre, wenn sie mir 400 Gramm Rind und 350 Gramm Schwein geben dürfe. Neben mir saß ein alter Mann auf seinem Rollator und bestellte zielbewußt diverse Fleischsorten, von denen ich kaum was gehört habe.

"Klar", sage ich, "wenn das schmeckt. Das müssen Sie für mich entscheiden, da ich Vegetarier bin und keine Ahnung über die beste Zusammenstellung habe."

Ein komischer Blick ihrerseits und sie fuhr fort:

"Wir können aber auch jeweils 400 Gramm nehmen, dann haben sie 800 Gramm zusammen."

"Gut, wenn Sie meinen. Es ist nämlich für... lassen Sie mich mal überlegen, ja, für 4 Personen."

Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, denn nun drehte sie sich um und fing an, mir laut vorzurechnen, welches Verhältnis der verschiedenen Fleischsorten pro Person besser wäre, wenn sie einen bestimmten Apetitt hätten. Zwischendurch fragte sie mich ständig, ob es denn so gut wäre. Nachdem ich dann vorsichtig nickte, revedierte sie aber wieder ihre Zahl und fing wieder mit anderen Variationen an. Iregndwann, mir drehte sich schon der Kopf, erlosch ihr Wortschwall, und sie schaute mich fragend an.

"Ja, gut... ähh.. dann würde ich sagen... ähm... was haben Sie gerade gefragt? Jetzt bin ich total aus der Spur."

Nun, wie einigten uns auf insgesammt 800 Gramm... halb und halb. Die alte Mann neben mir bestellte nun irgendwelche animalischen Zungen und grobe Leberwurst. Gibt es auch feine? Naja, egal...

"Darf es denn nochwas sein?"

Hah, das war jetzt einfach... dachte ich.

"Ja, ich hätte gerne 100 Gramm Schinken"

Mein selbstbewußtes Lächeln erstarb, als sie mir aufzählte, wieviele Sorten Schinken es gibt: getrocknet, abgehangen, toskanisch etc.

Ich fragte sie, ob sie mir denn den Schinken mal zeigen könne. Sie ging auf die rechte Seite der Theke und wies auf so dunkelrote Streifen. Ich entdeckte aber das Objekt meine Begierde und zeigte durch die Scheibe auf dieses Stück Fleisch. Zielgerichtet stach ihr Finger immer genau neben den von mir gewünschten Schinkenberg.

"Meinen Sie den?"
"Nein, links daneben" Ihr Finger ging nach rechts... klar, Frau.
"Nein, das andere links". Jetzt war sie oberhalb.
"Jetzt etwas runter... nein, zu weit"

Ich beendete das Suchspiel (der Opa schaute belustigt zu), indem ich meinen Finger über die Theke und somit hinters Glas brachte und direkt drauf wies.

"Sie meinen Kochschinken!?"

"Ja, wenn es denn so heißt..."

Jetzt bin ich Zuhause, die Sonne scheint, ich tippe diesen Bericht ins Laptob und werde gleich losfahren. Ich freue mich auf heute Abend. Wie jedes Jahr werden wir diesen mit Wein und Brettspiele bei Kerzenlicht genießen. Wer hätte gedacht, dass wir mal so zusammen sitzen würden, nachdem wir uns vor nunmahr 6 Jahren getrennt haben? Das Leben ist sehr merkwürdig, und ich bin gespannt, was es nächstes Jahr für uns bereit hält.

Euch allen ein frohes Weihnachtsfest, und wenn wir uns vorher nicht mehr lesen sollten auch einen Guten Rutsch!