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Tagebuch c.
2011-04-08 15:29
Wenn die Welt untergeht...

Vor einiger Zeit wurde ich mal wieder daran erinnert, dass Verschwörungstheoretiker im kommenden Jahr das Ende der Welt erwarten. Dass wie und warum ich daran erinnert wurde, ist nicht wichtig. Und natürlich ist es totaler Quatsch. Aber darum geht es mir nicht. Ich habe darüber nachgedacht, was wohl wäre, wenn mir jemand versichern würde, dass im Dezember 2012 die Welt wirklich untergeht. Eine Vision, eine Eingebung, was auch immer. Man könnte den Weltuntergang auch durch eine Krankheit oder ähnliches ersetzen, denn letztendlich habe ich darüber nachgedacht, was ich machen würde, wenn mir nur noch eine begrenzte Lebenszeit bliebe und ich um diesen Umstand wüsste.

                     

Es gibt einige Dinge, die ich dann tun würde. Ich würde hier alles hinschmeißen. Vielleicht einen Kredit aufnehmen, sehen, dass ich irgendwie an ein bisschen Geld komme und ich würde reisen, die Welt sehen. Es gibt so viele Plätze auf der Welt, auf denen ich noch nie war und die ich gerne sehen würde. Ich fände es schade, sterben zu müssen, ohne je in Paris, Rio oder Buenos Aires gewesen zu sein. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

 

Wenn 2012 die Welt untergeht, würde ich vorher die Welt sehen wollen.

 

Menschen…Ein Punkt, der vor der Weltreise noch zu erledigen wäre. Unter Umständen.

 

Zuletzt habe ich wieder einmal festgestellt, dass Menschen Dinge unterschiedlich wahrnehmen, je nachdem, in welchen Grad sie von einer Sache betroffen haben. Was für den einen ein großes Drama gewesen sein mag, hat der andere längst vergessen.

 

Letzten Freitag traf ich zufällig ein Mädel, mit dem ich Abi gemacht habe. Nicht nur irgendein Mädel, wir waren zu Oberstufenzeiten richtig gut, richtig eng miteinander befreundet. Aber wie das eben so ist, nach dem Abi verliert man sich aus den Augen und ein, spätestens zwei Jahre nach dem Abi hatten wir keinen Kontakt mehr. So wusste ich auch gar nicht, dass wir bereits seit zwei Jahren in derselben Stadt wohnen. Wir sind uns nie begegnet, obwohl das hier wirklich ein Dorf ist und ich eigentlich nicht durch die Stadt gehen kann ohne jemanden von meinen ehemaligen Kommilitonen zu sehen.

 

Wie dem auch sei, wir unterhielten uns kurz, tauschten den einen oder anderen Smalltalk aus, bis sie die Frage aller Fragen stellte. Jedenfalls war es für mich die Frage aller Fragen. „Und was macht sie?“ Sie, das ist meine ehemals beste Freundin. Die Geschichte dahinter habe ich schon öfter mal erzählt, deswegen fasse ich mich kurz. Ein Jahr vor dem Abi ging die Freundschaft kaputt, letztendlich wegen einer dummen Geschichte rund um einen Urlaub. Damals war das schon recht dramatisch. Auch in der Außenwirkung. Dachte ich. Denn acht Jahre lang, da waren sie und ich nur als Doppelpack bekannt und von heute auf morgen sprachen wir nicht mehr miteinander.

 

Nun, jedenfalls erinnerte sich die Abifreundin, die ich letzte Woche traf, gar nicht mehr daran, obwohl sie zu den Leuten gehörte, die das live und recht nah miterlebt hatten. Wahrscheinlich war es ja auch im Grunde nicht mehr als eine Kleinigkeit. Aber so ist das. Bei mir hat diese Geschichte eine Narbe hinterlassen, die auch heute noch schmerzt und wohl immer ein bisschen schmerzen wird.

 

In diesem Frühjahr wird sie heiraten, jene Ex-Beste-Freundin und es ist total seltsam, dass ich offiziell davon gar nichts weiß und dass ich auch nicht dabei sein werde. Dabei ist inzwischen mehr Zeit seit unserem Bruch vergangen als die Freundschaft überhaupt dauerte. Und natürlich hatte der Bruch auch sein Gutes. Niemandem tut es auf Dauer gut, immer nur als Teil eines Doppelpacks zu gelten, zumal  ich tendenziell in der öffentlichen Wahrnehmen damals wohl auch eher die Und-Juliette und nicht die Juliette-Und war. Und trotzdem vermisse ich sie immer noch. Und trotzdem wünschte ich manchmal, dass es einen Weg zurück gäbe.

 

Wenn 2012 die Welt untergeht, dann würde ich meiner ehemals besten Freundin sagen, dass ich sie vermisse und mir wünsche, dass sie wieder Teil meines Lebens ist.

 

Filipe. Ihn habe ich schon ewig nicht mehr erwähnt. Das liegt auch daran, dass ich schon ewig nicht mehr von dem Tag geträumt habe, an dem wir beide doch noch mal zusammenfinden. Emotional hat sich für mich meiner neverending story endlich erledigt. Ich will keinen Weg zurück mehr, es ist ok, wie es ist. Ohne Kontakt, ohne alles. Und doch, er hat so viele Jahre lang mein Leben geprägt, manchmal wüsste ich doch mal gerne, was aus ihm geworden ist.

 

Von Leuten wie ihm gibt es einige in meinem Leben. Leute, die mich ein kurzes oder ein längeres Stück begleitet haben und die man dann aus den Augen verloren hat. Wie bei ihm frage ich mich bei manchen manchmal, was wohl aus ihnen geworden ist und wie es ihnen heute geht.

 

Wenn 2012 die Welt untergeht, dann würde ich alte Bekannte ausfündig machen, um einfach noch mal „Hallo“ zu sagen und zu hören, wie es ihnen so geht.

 

Dann gibt es da noch die Herzensangelegenheiten, die schmerzenden Narben ähnlich der einen, die ich von meiner ehemals besten Freundin mit mir herumtrage. Der letzte Sommer…endete wirklich sehr unbefriedigend für mich. Manchmal kommt es mir vor als seien schon Jahre vergangen, so unwirklich erscheint es mir. Gestern wurde ich noch mal gefragt, was da eigentlich noch mal genau war, im letzten Sommer, warum es scheiterte. Ich musste ein bisschen nachdenken, bis es mir wieder einfällt. In zwei Sätzen zusammengefasst klingt es so lächerlich banal. So kommt es mir auch jetzt vor. Die Gefühle, die Ängste, die sind weit weg, irgendwo tief in mir vergraben. In meiner momentanen emotionalen Taubheit, die ab und an von Zukunftsängsten durchbrochen wird, fällt es mir schwer, nachzuvollziehen, was da damals passiert ist. Und doch weiß ich, dass der ganze Mist in ähnlichen Situationen ähnlich heftig wieder hervorbrechen würde.

 

Es gibt so Situationen, erst am Wochenende wieder, da wünschte ich, alles wäre anders gelaufen, er hätte sein Versprechen halten können, sich vor mich zu stellen, mir den Rücken zu stärken, den ganzen Schmu.

 

Aber das war es ja gar nicht. Wenn ich direkt damit konfrontiert werde, zieht sich mein Herz immer noch schmerzhaft zusammen. Im Alltag mag es oft weit weg und unwirklich erscheinen, aber na ja…Es ist vorbei, bye, bye Junimond. Vielleicht gehören unendliche Geschichten nicht zu den Dingen, die man im Leben wirklich gebrauchen kann. Aber manchmal, da hätte ich es doch ganz gerne, wenn es mit dem Musiker nur ein winziges, kleines Revival gäbe, so wie jene, die es mit Filipe so häufig gab.

 

Wenn also 2012 die Welt untergeht, würde ich mich doch noch mal bei dem Musiker melden und einfach mal sehen, wohin mich das führt.

Und dann gibt es da noch die tausend Verrücktheiten in meinem Kopf. Ideen, vage, sehr konkret. Dinge, die ich immer mal tun wollte, aber doch nie tat. Die Vernunft hindert mich. Die Moral. Manches schickt sich nicht, nicht wirklich. Manches ist vielleicht nicht ganz legal.

 

Auf Tischen tanzen, mich berauschen, am Leben, an legalen und illegalen Substanzen, einmal die Peitsche schwingen, für Geld und auch ohne, die Peitsch spüren, lachen, singen, laufen, schreien, jegliche Extreme überreizen, so vieles, kleines, großes.

 

Wenn 2012 die Welt untergeht, würde ich all die kleinen Verrücktheiten wahr werden lassen, die mir so durch den Kopf schwirren.

 

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, aber die wichtigen Dinge sind im Prinzip gesagt. Ich würde die Welt sehen wollen, die Chance nutzen, Menschen noch wichtige Dinge sagen zu können, ehe es zu spät ist, Menschen wiedersehen, verrückte Dinge tun. Im Wesentlichen ist es das. Gehen zu können ohne etwas zu bereuen, ohne ungelöste Kapitel hinter sich lassen zu müssen.

 

Wahrscheinlich ist das etwas, was man sich durchaus auf seine Fahnen schreiben  könnte, ob die Welt nun untergeht oder nicht: „Nichts bereuen!“

 

Aber die wenigsten leben so. Ich werde in meinem Leben die wenigsten Punkte meiner eigenen Liste je wahrmachen. Weil da einfach zu viele Zweifel sind. Zweifel. Ängste. So manches macht an einfach nicht. Es gehört sich nicht. Oder es lohnt sich nicht, ist zu lange her, uralt.

 

Dabei müsste man einfach nur mal mutig sein. Man wäre womöglich überrascht, wie gut das ankommt.

 

Ich bereue vieles in meinem Leben. Zu viel. Ich glaube, viele Dinge lassen sich nicht rückgängig machen, lassen sich nicht mehr gütlich lösen. Oder doch? Ich werde in meinem Leben wahrscheinlich auch noch eine ganze Menge Dinge bereuen.

 

Es ist traurig, dass ich einzig und allein in einer gewissen Endzeitstimmung wohl den Mut aufbringen könnte, all die unerledigten Dinge zu erledigen. Stattdessen lasse ich so viel Lebenszeit ungenutzt verstreichen. Halte mich an Kleinigkeiten auf. Wenn sowieso gerade alles beschissen und perspektivenlos ist, wieso dann nicht den Mut aufbringen, noch mal was ganz neues, etwas Verrücktes anzufangen? Schlimmer kann es dann auch nicht werden. Theoretisch. Was hindert mich daran? Das liebe Geld. Money makes the world go round. Ohne Geld kommt man nicht mal so eben nach New York, Paris oder wohin auch immer. Geld, Planung….Spontanität ist heutzutage doch nur sehr eingeschränkt möglich. Ich bin nicht der Typ, der seinen Rucksack packt und einfach abhaut. Nach dem Motto: Schlafen kann man überall, the sky is the only limit. Raus auf die Straße, trampen, auf Parkbanken schlafen und von Flaschenpfand leben. Ohne sich Gedanken darum zu machen, ob man überhaupt überall auf dieser Welt hinkommt ohne Visa. Nein, das ist auch keine attraktive Spontanität, nicht wirklich erstrebenswert.

 

Um die Welt sehen zu können, müsste man also erst einmal sparen.

 

Und die zwischenmenschlichen Bereiche? Nun, das ist wahrscheinlich die wirklich traurige Sache. Diese Herzensangelegenheiten würde ich wirklich nur angehen, wenn die Welt untergeht. Vorher nicht. Nie. Nicht die Traute, nicht den Mut, zu überflüssig, zu belanglos, zu unerwünscht. Schade. Ja, eigentlich ist das wirklich schade.

 

Vielleicht wäre es manchmal gar nicht so schlecht, wenn wir sicher davon ausgehen müssten, dass 2012 die Welt untergeht. Vielleicht würde uns ab und an ein wenig Endzeitstimmung tatsächlich gut tun.

Kommentare

22:40 08.04.2011
tus doch einfach.
...wenn 2012 die welt untergeht, würd ich vorher gern noch ganz viel sex haben. und einen ausritt zu pferd. alles andere ist momentan geklärt in meinem leben und schön, wie es ist. huch. bin ich etwas ZUFRIEDEN?
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20:55 08.04.2011
zumindest was die herzensangelegenheiten betrifft sollte man vielleicht manchmal wirklich nach der endzeitstimmung gehen...
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unbekannt
20:48 08.04.2011
Und was ist, wenn sie untergeht und wir haben nichts gemacht, weil wir ja nicht dran geglaubt haben?!
"Umsonst" gelebt? Wie wichtig ist das Leben überhaupt?


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2011-04-08 15:29