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Tagebuch c.
2010-07-29 23:01
Was soll man davon halten?

22.10 Uhr. Eigentlich war geplant, dass ich jetzt in den Zug zurück nach Hause steige.

Chaos im Kopf. Chaos im Herzen. Jetzt kommen, sie, jetzt steigen sie mir langsam in die Augen, die Tränen. Nachdem ich sie heute Nachmittag so gut betäubt hatte. Schneiden. Essen. Kotzen. Erstaunlich, wie das immer wieder hilft.

Er hatte so einen, so einen enormen Vertrauensvorschuss, der Musiker. Ja, ich war nervös, ich war aufgeregt, mir war halb schlecht vor Angst. Aber ich wäre in diesen gottverdammten Zug gestiegen. Ich wäre eingestiegen. Die ganze Woche habe ich mich mit nichts anderem befasst. Gestern war ich noch am Bahnhof, um Parkplatz- und Parkkostensituation im Voraus abzuklären.

Ich war wirklich perfekt durchgeplant. So sehr, wie es nur ging. Und die richtige Nervosität kam auch erst am Nachmittag. Bis zu seinem Anruf. Den ich verpasste, weil ich im Bad war.

Als ich herauskam, ging ich kurz online. Sofort die Frage: „Hast du meine Nachricht bekommen?“ Handy gegriffen. Mailbox abgehört.

Herzrhythmusstörungen. Herzstolpern. Aussetzer. So was erzählte mir die Mailbox.

Der Musiker selbst präzisierte es via MSN. Atemnot. Kopfsache. So eine Art Panikattacke. Kommt bei ihm öfter mal vor. Auch in engen Räumen.

Was man davon halten soll, weiß man nicht.

Natürlich, wenn es stimmt, was er erzählte, ist es besser, dass er abgesagt hat. Krank ist nun mal krank und wenn ich so etwas hätte, würde ich auch nicht vor die Tür wollen und mit Bus und Bahn durch die Gegend kutschieren. Das wäre mir auch zu heikel.

Aber wer weiß schon, ob das stimmt.

Ich weiß nicht, ob ich ihm glaube. Ich weiß es einfach nicht.

In meinem Kopf rattert es.

Die ganzen letzten Wochen rauschen durch meinen Kopf und ich versuche, sie zu einem stimmigen Bild zusammenzubasteln.

Jede Geschichte wäge ich ab, prüfe sie auf ihren Wahrheitsgehalt. Immer im Hinterkopf die Frage: „Ist er der, der er zu sein vorgab?“

Eigentlich passt es. Eigentlich. Ich meine, ich habe mich ja auch ein bisschen informiert. Band. Social Networks. Das  passt schon alles zusammen. Seine Stimme passt zu seinem Alter. Und…Wo soll er sonst die vielen Bilder herhaben, die auch aktuellen Bilder, wenn er nicht der Mann auf den Bildern ist? Ich meine, man sieht ja das Datum, wann das Bild aufgenommen wurde und die jüngsten sind von letzter Woche Dienstag.

Aber trotzdem...ich zweifle. Hinterfrage. Vertrauen ist weg. Vorerst.

Ich meine, das ist echt…wenn man sich das mal überlegt…Was für einen Vertrauensvorschuss dieser dämliche Musiker tatsächlich genossen hat. Dass ich überhaupt bereit war, mich mit ihm zu treffen, ist für meine Verhältnisse ja schon eine kleine Sensation. Dass ich darüber hinaus noch bereit war, für ihn den Hund hinten anzustellen…so was gibt es normalerweise nicht bei mir. So was gibt es einfach nicht. Nicht bei mir.

Krank ist krank. Ja. Und sollte das alles tatsächlich so gewesen sein, wie er erzählt hat, ist das auch ok. Ich wäre dann an seiner Stelle auch nicht gefahren. Aber ich….ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob ich ihm glaube oder nicht glaube oder was auch immer. Ich weiß es einfach nicht.

Er beteuert, dass es ihm schrecklich leid tut.

Er will mich immer noch sehen.

Er würde das nächste Mal zu mir kommen.

Das könnte frühestens am 23.August geschehen.

Er wäre froh, nicht am selben Tag zurückfahren zu müssen.

Das ist ja auch alles ok.

Ganz ehrlich, eines, das weiß ich: Ja, ich würde ihn immer noch kennen lernen wollen. Aber ich würde mich dafür beim nächsten Mal keinen Zentimeter aus meinem Bundesland hinaus begeben. Nicht noch mal 100 Euro für nichts. (Da ich dann doch noch, haha, den „Sparpreis“ genommen habe, was mir letztendlich läppische 28 Euro gegenüber dem Normalpreis ersparte, hätte ich die Tickets nur 24 Stunden vor Reiseantritt umtauschen können. Und da ich ja erst heute Nachmittag die Absage bekommen habe, ist das schöne Geld wirklich ganz wunderbar für nichts verschleudert.)

Nee, also wenn Treffen, das ist sowieso klar, dann nur in meiner Nähe, da muss er dann schon seinen Arsch hierher bewegen.

Und…da zu mindestens dann keine Unkosten für mich dabei entstehen, kann ich dem Ganzen ja fast entspannt entgegen blicken. Ob er dann kommt oder nicht, für mich entsteht dadurch kein Nachteil.

Eine Scheiße ist das, echt.

Ich habe mich wohl doch verändert.

Früher, da konnte ich so was besser. Virtuelle Träumereien mit einem Irgendwen ohne jede Realität. Auf so etwas konnte ich mich einlassen. Weil für mich eigentlich immer feststand, dass ich denjenigen nie treffen will. Selbst wenn ich es noch so oft beteuerte, für mich stand im Grunde immer fest, dass es nie ein Treffen geben würde.

Aber jetzt….ich merkte in den letzten Tagen schon, dass ich an meine Grenzen gelange. Dass ich mich auf diese Online-Liebelei nicht so ohne Weiteres noch mehr einlassen kann. Ohne zu wissen, was daraus in der Realität wird. Dieses Mal wollte ich eine Realität.

Und da bin ich nun. So richtig schön auf die Schnauze gefallen. Wunderbar.

Vielleicht sollte ich mich doch lieber auf den Osteuropareisenden konzentrieren. Auf ihn ist wenigstens Verlass. Inzwischen weiß ich sicher, dass er nur mit seinem Vater und mir per Handy kommunizierte. Den Osteuropareisen/Herrn aus der Nachbarstadt könnte ich auch frühestens am 23.August treffen. Er war der Notfallplan. Für den Fall, dass das Treffen heute anders verlaufen wäre als geplant. Als Trostpflaster.  Ich meine, er ist nett, der Herr aus der Nachbarstadt, durchaus sympathisch. Aber als Mann interessiert er mich nur bedingt. Aber er ist wenigstens zuverlässig. Das ist ja auch viel wert.

Ich weiß es auch nicht. Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich weiß es nicht. Ich fühl mich wie nach einem Flugzeugabsturz. Gecrashed.

Ich möchte ihm ja glauben. Ich möchte es wirklich. Aber irgendwie ist da jetzt auf einmal viel Zweifel.

Hm. Der Musiker muss sich jetzt jedenfalls erst einmal ein bisschen anstrengen, damit ich mein Vertrauen wiederfinde. Wie kann er das tun? Vermutlich muss ich ihm wohl zu mindestens ansatzweise erzählen, was ich hier gerade aufgeschrieben habe. So funktioniert wohl Kommunikation. Wenn er nicht weiß, was in mir vorgeht, kann er auch kaum wissen, wie er darauf angemessen reagieren soll.

Bäh. Das ist alles einfach wirklich nur bäh. Blöder Mist. Echt.

Aber…Hab ich’s geahnt? Hm…Ich weiß es nicht…Ein bisschen war es ja schon zu schön, um wahr zu sein…

 

Kommentare

07:37 30.07.2010
Ich finde, er sollte Dir Deine Kosten ersetzen...
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unbekannt
00:28 30.07.2010
Klare Sache: 100 Euro ;).
Diffiziele Angelegenheit. Aber man sollte bei solchen Erfahrungen mit Lehrgeld nach Hause gehen - und wenn's am Ende heißt: Be there, done that - und alles was es am Ende gab war dieses lausige T-Shirt.


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unbekannt
23:08 29.07.2010
Kann dich gut verstehen, und wäre genauso im Zweifel wie du. Kann dir nur raten, ihm wirklich zu sagen, was du darüber denkst / fühlst. Offenheit ist in diesem Fall wohl das Beste...

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2010-07-29 23:01