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Tagebuch c.
2012-09-06 11:43
Von Pleitegeiern und anderen Sorgen

Gerade hatte ich Besuch von meiner Nachmieterin. Sie hatte mit dem Makler wohl eine andere Wohnung in diesem Gebäudekomplex besichtigt und hat sich dann sozusagen "blind" für meine Wohnung entschieden. Also rief sie letzten Freitag an und fragte, ob sie heute, nachdem sie sich an der Uni eingeschrieben hat, mal vorbeikommen könnte, um ein paar Sachen auszumessen. Schon komisch, das macht den Auszug hier jetzt irgendwie so endgültig.

 

Zehn Minuten und weg war sie schon wieder. Dafür habe ich gestern vier Stunden lang geputzt und heute Morgen noch den letzten Feinschliff hinter mich gebracht. Ich brauche das immer noch, eine so perfekt saubere und aufgeräumte Wohnung wie möglich, um hier andere Leute hereinzulassen.

 

Die Sache mit dem Job in Traumstadt hat sich in den letzten Tagen leider sehr negativ entwickelt. Anfang der Woche hatte ich ein Gespräch mit meinem ehemaligen Chef und mit meinem persönlichen Berater vom Arbeitsamt. Beide sagten sie mir: "Machen Sie Druck in Traumstadt. Wenn man Sie dort wirklich will und wenn das eine seriöse Sache ist, dann wird man Ihnen die Stelle auch schriftlich verbindlich zusichern. Wenn man dazu nicht bereit ist, lassen Sie die Finger davon."

 

Also habe ich am Dienstag in Traumstadt angerufen. Und es kam, wie es kommen musste. Am Freitag am Telefon sagte mir der zukünftige Herr Chef noch, dass es die Stelle auf jeden Fall geben wird. Jetzt kann, will, darf er mir diese Aussage nicht noch einmal schriftlich und verbindlich bestätigen. Er kann mir einzig und allein bestätigen, dass ich seine erste Wahl bin, wenn die Stelle kommt.

 

Das ist natürlich mehr als blöd, denn mit so etwas kann man nicht planen. Ich habe mir gestern die Stellenausschreibung noch einmal angeschaut. Da stand, dass die Stelle ab sofort zu besetzen ist. Wahrscheinlich ist der Auftrag, dem ich ursprünglich hätte zugeordnet werden sollen, geplatzt oder es gab Komplikationen damit und sie hatten entweder noch einen zweiten Auftrag in der Hinterhand, der nun gerade erst warmläuft oder aber bemühen sich, die Schwierigkeiten mit dem ersten Auftrag aus dem Weg zu räumen. Wenn man nach der Firma googelt, erfährt man außerdem, dass letzte Woche der neue CEO seinen Dienst angetreten hat. Vielleicht liegt es also auch am Führungswechsel, dass sich die Sache jetzt so lange hinzieht.

 

Ich hätte einfach nie mit so einer Pleite gerechnet. Das ganze Bewerbungsverfahren, die Namen, die mit dem Unternehmen in Verbindung stehen, ich bin da gar nicht auf die Idee gekommen, nicht zu vertrauen, nachdem ich die Zusage hatte. Irgendwie war ich fest davon überzeugt, spätestens jetzt im September auf Wohnungssuche zu sein und den Umzug zu regeln.

 

Eigentlich sollte ich mich ganz von der Stelle verabschieden, aber ich habe dem zukünftigen Herrn Chef (für den ich mir jetzt einfach keinen neuen Namen ausdenken will) eben geschrieben, er soll sich trotzdem einfach mal bei mir melden, sobald er grünes Licht für die Stelle hat. Denn das kann nächste Woche passieren, dass kann aber auch erst in drei Monaten passieren. Oder vielleicht sogar gar nicht.

 

Ganz abgehakt ist die Stelle in Traumstadt nun also noch nicht, aber ich verlasse mich nicht mehr darauf. Also werde ich jetzt wieder Bewerbungen schreiben. Ganz toll. Ich war so froh, das endlich hinter mir zu haben. Aber es hilft ja nichts, da muss ich jetzt durch.

 

Morgen erfahre ich wahrscheinlich, ob die andere Stelle am Arsch der Welt in Frage kommt oder nicht. Irgendwie hoffe ich ja fast ein bisschen auf eine Absage, denn dann müsste ich mich nicht für die Stelle entscheiden. Bekäme ich sie, bliebe mir kaum etwas anderes übrig als sie zu nehmen. Aber es gibt einige Dinge, die mich daran stören und die mir gar nicht gefallen, von daher, ganz furchtbar enttäuscht wäre ich über eine Absage aus dieser Richtung nicht.

 

Die Gesamtsituation könnte rosiger sein. Ich bin enttäuscht und auch wütend. Es hätte ja auch einmal glatt laufen können. Aber gut, ändern kann man es nicht.

 

Am meisten ärgere ich mich gerade darüber, meine Wohnung gekündigt zu haben. Für den Rest des Monats kann ich noch hier bleiben, aber im Oktober muss sie dann leer sein, damit genug Zeit für die Renovierung ist. Also wohne ich ab Oktober wieder bei meinen Eltern. Ich war davon ausgegangen, dass ich im schlimmsten Fall vielleicht für einen Monat wieder dort hätte einziehen müssen. Jetzt wird es ein Einzug auf unbestimmte Zeit.

 

Vielleicht meldet sich Traumstadt doch noch relativ zeitnah, dann wäre das Problem gelöst. Vielleicht bekomme ich den Job am Arsch der Welt, dann könnte ich dort zum 01. Oktober anfangen. Vielleicht finde ich jetzt doch sehr schnell irgendetwas ganz anderes irgendwo ganz anders. Man weiß es ja nicht.

 

Jedenfalls ist das schon auch ein Ansporn, jetzt wieder so schnell wie möglich so viele Bewerbungen wie möglich zu verschicken. Denn es ist einfach so, dass ich seit sechs Jahren nie länger als höchstens zwei Wochen am Stück bei meinen Eltern war. Die Schulferien sind etwas anderes, da war ich ja immer alleine dort oder höchstens mit dem Hund zusammen. Aber wir drei unter einem Dach, das gab es meistens nur für einige wenige Tage hintereinander. Und davor graut mir nun so ein bisschen. Einfach nicht mehr selbst über meinen Tag bestimmen zu können, das wird schon seltsam sein.

 

Obwohl mein Leben und die Sache mit Traumstadt nun die denkbar schlechteste Wendung genommen hat, bin ich nicht am Boden zerstört oder todtraurig. Das fiel mir gestern auf, als eine Freundin anrief. Um sie mache ich mir Sorgen, aber dazu gleich. Sie sagte jedenfalls gestern zu mir: "Das einzig Schöne in deinem Leben, was dich noch glücklich macht, ist doch auch nur dein Hund."

 

Es ist richtig, es gab Zeiten, in denen habe ich das auch so gesehen. Diese Zeiten wird es auch sicher immer mal wieder geben. Und ja, es gab auch in dieser elendig langen Zeit der Jobsuche immer mal wieder Tage, an denen ich am liebsten alles hingeschmissen und mit allem Schluss gemacht hätte. Aber das waren immer nur einzelne Tage, es war nie eine Grundstimmung über mehrere Wochen.

 

Und auch jetzt ist es nicht so. Ich bin alles andere als begeistert und ich ärgere mich, weil ich der Zusage damals vertraut habe. Am Tag der Zusage, am 20.07 habe ich gleich zwei Optionen auf ein Bewerbungsgespräch ausgeschlagen. In meiner Euphorie sagte ich den beiden Anrufern, dass sich die Bewerbung erledigt hat und ich schon anderweitig vergeben bin. Erst am Tag nach der Zusage aus Traumstadt entschieden wir, jedes weitere Vorstellungsgespräch anzunehmen. Eine dieser Optionen war ein Praktikum, ebenfalls in Traumstadt, dass in ein Volontariat hätte übergehen sollen. Das hätte ich mal besser gemacht. Seit der Zusage aus Traumstadt habe ich noch zwei feste Zusagen bekommen, die ich beide ausschlug. Gut, es waren beides Praktikumsstellen, die keine Chance auf Weiterbeschäftigung boten. Aber es waren gute Praktikumsstellen. Bei der einen hätte ich Anfang der Woche anfangen können. Dort hätte ich jederzeit auch aufhören können. Eine ideale Möglichkeit, um die Wartezeit auf Traumstadt zu überbrücken, wäre das gewesen. Das andere Praktikum mit der festen Zusage war ebenfalls super interessant und es wäre sogar auch in Traumstadt gewesen. Hätte ich dort zugesagt, könnte ich jetzt wenigstens schon dort sein.

 

Das ärgert mich am meisten. Ich könnte jetzt während der Wartezeit eine sinnvolle Beschäftigung haben, die sich gut in meinem Lebenslauf machen würde, hätte ich mich nicht auf Traumstadt verlassen. Oder ich hätte vielleicht mal gleich in Traumstadt nachhaken sollen, wie der Stand der Dinge ist, als man mir diese Angebote gemacht hat.

 

Gut, das ist alles passiert und ich kann es nicht mehr ändern. Ich will damit nur sagen, ich bin eben gerade nicht völlig am Boden zerstört und möchte jetzt nicht meinem Leben ein Ende setzen, weil meine Pläne wie ein Kartenhaus zusammengebrochen sind, ich bin einfach in erster Linie verärgert, weil diese Entwicklungen für mich nicht vorhersehbar waren und nun trotzdem eingetreten sind. Daneben gibt es die Momente, in denen ich mich frage, warum eigentlich bei mir nie etwas glatt laufen kann während anderen (wenigstens im Berufsleben) ohne Anstrengung eine Tür nach der anderen geöffnet wird. Aber auch das erfüllt mich mehr mit Ärger und auch einem Bisschen hässliche Neid denn mit völliger Resignation.

 

Daneben gibt es auch noch Dinge, über die ich mich freuen kann. Es ist nicht nur der Hund, der das einzig Schöne in meinem Leben ist. Es sind kleine Dinge, über die ich mich tatsächlich auch ehrlich freuen kann.

 

So habe ich nach einer ewig langen Odyssee endlich die scheinbar optimale Haarpflegeroutine für mich gefunden. Seit Jahren habe ich mich immer wieder beunruhigt darüber gewundert, wie viele Haare ich so jeden Tag verlieren, ausbürste, etc. Die üblichen Verdächtigen wie Bierhefe und Kieselerde halfen zwar beim Haarwuchs an sich, trotzdem hatte ich aber nach jedem Kämmen und bei jeder Haarwäsche erstaunlich viele Haare in der Hand. Außerdem waren gerade die Lägen immer so unschön trocken.

 

Der Plan war dann irgendwann einmal, auf Silikonshampoos zu verzichten. Da gab es Zwischenerfolge, aber auf Dauer war das alles nicht so das Wahre. Besonders die Sache mit den trockenen Längen war manchmal echt extrem.

 

Jedenfalls habe ich nun eine bisher ideale Lösung aus fünf Komponenten gefunden. Kieselerde, Bierhefe und Biotin als Nahrungsergänzungsmittel sind geblieben. Neu ist ein indisches Haaröl, das im Wesentlichen aus Kokosnussöl, Zitronenöl, Henna und verschiedenen indischen Kräutern besteht. Das kommt am Abend vor dem Haarwaschtag in die Haare und wirkt dann über Nacht ein. Shampoo, Spülung und Kur sind mittlerweile von Swiss-o-Par und zwar die Arganöl-Reihe. Vor dem Föhnen kommt dann noch ein Minitropfen von dem Fructis-Haaröl in die Haare. Erstaunlich, wie viele der sonstigen Haaröle auf dem Markt doch Silikon enthalten. Das ist erschreckend, fast keines kommt ohne aus. Und statt Kämmen und Bürsten verwende ich Fashion-(Blogger-)Victim jetzt den Tangle Teezer. Ganz im Ernst, 15 Euro für ein Stück Plastik, einen Pferdestriegel sind schon verdammt unverschämt, aber das Teil ist der Hammer. Spätestens da ist dann auch wirklich sichtbar, dass irgendeiner der Schritte zu helfen scheint, denn es ist schon enorm, wie viel weniger Haare ich mir mit dem Ding ausbürste. Und sie sind so wunderbar weich und seidig und toll und hach.

 

Jeden Tag, besonders an den Haarwaschtagen, freue ich mich jetzt auf's Neue darüber, dass diese Haarpflegeroutine so wunderbar herrlich funktioniert.

 

Gestern dann habe ich zum ersten Mal meinen neuen Dampfreiniger geschwungen. Ich wollte schon ewig so ein Teil haben und jetzt habe ich eins und ich hatte gestern so richtig Spaß am Putzen. Und wenn man dann sieht, wie dreckig das Bodentuch am Ende ist, obwohl man den Boden vorher trocken geswiffert, gesaugt und feucht geswiffert hat, staunt man dann schon mal und fragt sich, in was für einem Dreck man dann wohl vorher gehaust haben muss. Na, jedenfalls, ich liebe meinen neuen Dampfreiniger.

 

Trotz der halben Pleite mit Traumstadt kann ich also den Satz "Dein Hund ist das einzig Schöne in deinem Leben.", aktuell nicht bestätigen. Ich freue mich auch gerade wahnsinnig über die neuen Folgen von Doctor Who. Es gibt also genug kleine Dinge, über die ich mich immer wieder freuen kann. Und auch wenn es zwischendrin immer mal wieder auch dunkle Momente gibt, in denen einfach alles scheiße ist und in denen ich auch schon mal durchaus nicht mehr weiter machen möchte, so alles in allem ist doch grundsätzlich alles ok.

 

Aber um meine Freundin mache ich mir nun Sorgen. Ihr Anruf gestern hat mich beunruhigt. Sie sagt wirklich aus voller Überzeugung: "Das einzig Schöne in meinem Leben ist mein Bezugskind. Sonst ist da nichts mehr. Wofür das alles?" Ich weiß nicht, was da los ist und woher das kommt. Woher das in dieser ausgeprägten Form kommt. Das ist neu. Sie wollte auch gestern am Telefon nicht darüber reden, weil ihre Eltern im Nebenraum saßen. Tendenziell ist sie auch eher depressiv als dass es ihr gut geht. Aber so schlimm, dass sie sich jetzt freiwillig Psychopharmaka verschreiben lässt, war es noch nie. Sie neigt da eher zu Verdrängung und nimmt die Medikamente, die sie sonst nehmen muss, so gut wie nie, um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, dass sie diese Krankheiten eben hat. Wenn sie also freiwillig um Hilfe/Medikamente bittet, muss es wirklich schlimm sein.

 

Als Jugendliche haben wir beide einen Plan geschmiedet. Zu 90% war der sicherlich scherzhaft gemeint und an seine Ausführung haben wir sicher nie ernsthaft gedacht. Aber auch damals war sicher ein Funken ernste Absicht dahinter. Wir beschlossen, mit 56 Jahren zusammen von der Golden Gate Bridge zu springen, um somit den Schrecken des Altwerdens entgehen zu können.

 

Gestern am Telefon sagte sie: "Du, ich glaube, wir müssen vorher von der Brücke springen, das hat doch alles keinen Sinn mehr!" Das hat mich schon sehr beunruhigt. Auch so Sätze wie: "Ich habe keine Kraft mehr, immer und überall eine andere Maske zu trage, immer schauspielern zu müssen. Ich kann das nicht mehr. Und ich weiß inzwischen gar nicht mehr, wer ich eigentlich bin."

 

Das alles beunruhigt mich schon sehr. Viel mehr als das, was ich jetzt aufgeschrieben habe, hat sie auch nicht gesagt. Jedes weitere Gespräch hat sie abgeblockt. Aber das war wohl schon ein deutlicher Hilferuf. Nur, was tut man nun? Im Moment ist sie krankgeschrieben und ist bei ihren Eltern und nicht in der eigenen Wohnung. Das ist ja schon mal irgendwo gut, dass sie nicht alleine und unter Aufsicht ist. Sozusagen. Aber solange sie bei ihren Eltern ist, will sie auch nicht reden, denn die sollen ja nichts mitbekommen. Raus kann sie gerade nicht, weil sie eben krankgeschrieben ist. Schwierig.

 

Ich bin jedenfalls gerade etwas ratlos und überfordert. Und es macht mir Sorgen. Eine blöde Situation. Und ich fürchte, selbst wenn wir uns jetzt doch noch zeitnah zu unserem Telefonat gestern treffen, sie würde dann doch wieder abblocken, nicht reden wollen, abwiegeln. Tja. Was macht man daraus? Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.

Kommentare

17:11 06.09.2012
aber ein treffen wär sicherlich gut. oder regelmäßig anrufen und über auch andere dinge reden, dann merkt sie, dass jemand da ist.
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13:46 06.09.2012
du deiner jobsituation fehlen mir echt die worte. ich drücke die daumen, dass es entweder schnell geht oder du in der zwischenzeit was viel besseres findest!

und über deinen haarpflege-absatz musste ich schmunzeln. viel arbeit damit,hm? aber wenn sich das ergebnis sehen lässt
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2012-09-06 11:43