Willkommen auf Tagtt!
Thursday, 25. April 2024
Tagebücher » c. » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch c.
2011-01-29 22:28
Und auch Pleiten muss es geben

Um halb acht bin ich nach Hause gekommen. Von einem Pleite-Date. Hm…Na ja, wenigstens hab ich jetzt mal wieder was zu erzählen. Das ist ja auch schön.

 

Geplant war: Kaffee trinken und bei gegenseitigem Gefallen sollte es dann zu ihm nach Hause gehen. Dafür hätte ich sogar eine zweistündige Rückreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln in dieser Nacht in Kauf genommen.

 

Und es fing auch gar nicht so schlecht an. Ich war angenehm aufgedreht heute Vormittag. Ein bisschen high flying high während meiner üblichen Vorbereitungen. Ich hab es genossen. Das Aufbrezeln. Die verschiedenen Rituale. Und ich war auf angenehme Art und Weise nervös, als ich mich auf den Weg machte. Da ich gerade mal wieder eine mehr oder weniger stark ausgeprägte „Ich-könnte-kotzen-wenn-ich-in-den-Spiegel-schaue-Phase“ durchlebe, ging ich zwar davon aus, dass er mich gar nicht mit zu sich nach Hause nehmen wollen würde, aber irgendwie war das trotzdem ok.

 

Am Bahnhof angekommen ging es erst noch mal zur Toilette. Ich brauchte dringend einen Spiegel. Denn ich gehöre nicht zu den Mädchen, die ständig eine Schminktasche mit sich herumschleppen. So was besitze ich gar nicht.

 

Dann der Augenblick der Wahrheit…ich hasse es…dieser allererste Moment, in dem sich sogleich entscheidet, ob da was geht oder nicht. Ich rechne ja eigentlich immer mit Ablehnung beim Gegenüber. Weswegen ich diese Momente wirklich nicht mag. Und ich weiß auch nicht, was mir lieber ist….Wartende zu sein oder einen Wartenden zu treffen. Aber da ich irgendwie in letzter Zeit chronisch unpünktlich zu meinen Dates komme, musste ich lange nicht mehr auf jemanden warten.

 

Tja….und der allererste Moment verlief zu meinen Gunsten. Ich gefiel ihm. Er sah deutlich älter aus, als ich es erwartet hatte. Dabei ist er nur sechs Jahre älter als ich. Aber die vereinzelten grauen Haare haben mich doch irritiert. Dazu der peinlich genaue, extrem akkurate Kurzhaarschnitt. Damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Das hat ihn locker zehn, fünfzehn Jahre älter wirken lassen als er ist.

 

Ohne große Umwege landeten wir  dann gleich im Starbucks am Bahnhof. Ja, ich stehe total auf Chai Tea Latte. Mit Zimt gewürzt…Toll. Und auch sonst lief es zu diesem Zeitpunkt noch gut. Wenn man mal davon absieht, dass er gleich Arm in Arm mit mir zum Starbucks schlendern wollte. Das kann ich ja gar nicht leiden. Genauso wie Händchen halten. Ich bin nicht so touchy-feely, das ist so was von gar nicht mein Ding, wobei Händchen halten für mich immer noch das kleinere Übel darstellt. Arm in Arm zu gehen ist mein absoluter Horror. Weil ich mich dann, neben dieser Ablehnung gegen dieses ganze touchy-feely-cozy-wozy Gedöns, die ganze Zeit nur aufs Gehen konzentrieren muss und versuche im richtigen Rhythmus zu bleiben…Weil, wenn man nicht im Gleichschritt unterwegs ist, finde ich es noch viel schrecklicher, Arm in Arm zu gehen. Nee….das ist mir alles viel zu anstrengend. Unnötiger Stress.

 

Na wie dem auch sei, nach dem Kaffee ging es Händchen haltend zum Auto….Dort saß ich dann und fragte mich: „Was machst du hier eigentlich? Eigentlich willst du dich gar nicht von ihm anfassen lassen, seine Hände waren dir eben zu schweißig und du magst es nicht, wie er dich küsst. Und jetzt sitzt du trotzdem hier im Wagen auf dem zu ihm nach Hause. Warum? Alles im Zuge der Selbstbestrafung? Alles nur, um jegliches Gefühl zu ersticken, zu betäuben? Du bist doch echt dämlich!“

 

Und so saß ich schweigend in seinem Auto und schimpfte in Gedanken mit mir selbst, als plötzlich seine Stimme an mein Ohr drang: „Du, wir haben da ein Problem….Wir können gar nicht zu mir nach Hause, ich wohne in einer WG und meine Mitbewohner sind dagegen, dass ich dich heute mitbringe. Was machen wir da jetzt?“ Ich sprachlos, die Fragezeichen standen mir ins Gesicht geschrieben. Erste Reaktionen: „Zu mir können wir aber auch auf keinen Fall und fürs Auto ist es nicht so die passende Jahreszeit.“ Er: „Ja, komm, dann lass uns doch in ein Hotel gehen, ich hab hier eben ein Hostel gesehen, mach dir um Geld keine Gedanken, ich zahl auch.“

 

Und so sind wir dann lustig ein paarmal um das Bahnhofgelände gekurvt, er hielt mal an einem Hotel, da gab es nichts. Schlussendlich landeten wir wieder im Parkhaus und gingen zu Fuß zu dem Hostel, das er unterwegs gesehen hatte. 80 Euro wollten die für das Zimmer haben und dann hätte es nur eine Gemeinschaftsdusche und eine Gemeinschaftstoilette auf dem Gang gegeben. Also habe ich energisch abgewunken und war ziemlich pissed.

 

Eigentlich schon, seit er erwähnt hatte, dass wir nicht zu ihm können. Das hat mich so was von genervt. Echt…Wenn man mit anderen Leuten zusammen wohnt, fragt man normalerweise früh genug, ob es ok ist, wenn man Besuch mitbringt. Hätte er gestern schon  gefragt, hätte man in aller Ruhe noch ein Hotel organisieren können. Das fand ich schon unmöglich. Und ich hatte auch absolut kein Verständnis dafür, dass er erst damit ankam, als wir schon im Auto saßen. Ich verstehe das immer noch nicht. Das hätte er auch schon im Starbucks sagen können. Aber so…

 

Na ja…wir landeten dann zum zweiten Mal im Bahnhofs-Starbucks. Die Gespräche zogen sich zäh wie Kaugummi. Ich war immer noch pissed und hatte richtig Spaß daran. Doch, sein so offensichtliches schlechtes Gewissen hat mich schon irgendwie erheitert. Nach außen eine Mauer aus Ablehnung, innerlich ein Grinsen. Manchmal macht so ein bisschen lächerliche Macht und Überlegenheit schon Spaß.

 

Und so habe ich es dann doch noch drei weitere Stunden mit ihm ausgehalten. Insgeheim war ich auch froh darüber, dass das ursprüngliche Vorhaben geplatzt war. Ich meine, ich fand ihn im Grunde, so alles in allem, gar nicht so unattraktiv, aber irgendwie fehlte das erotische Knistern. Mir war klar, dass ich nur darauf hoffte, mich für einen kurzen Moment von mir selbst befreit zu fühlen, aber dass mich der After-Fuck-Blues wahrscheinlich dann auch extrem heftig getroffen hätte. War vielleicht ganz gut, dass ich es gar nicht erst ausprobiert habe.

 

Aber wir haben kurz vor Schluss doch noch wenigstens ein  interessantes Gesprächsthema gefunden. Ich muss ja sagen, dass mir die erotische Komponente von so manch einem Fetisch nicht nachvollziehbar ist. Im letzten halben Jahr hab ich da schon hier und da die ein oder andere bizarre Geschichte gehört. Ich weiß zum Beispiel noch, dass wir in Kindertagen immer unheimlich gerne „Friseur“ gespielt haben und ich mag es auch heute noch, erstens beim Friseur zu sein und zweitens mich von irgendwem frisieren zu lassen. Aber warum sich daraus ein sexueller Lustgewinn ziehen lässt, wenn man(n) frau frisiert, das ist mir nicht so ganz schlüssig. Der entsprechende Herr konnte es mir auch nicht wirklich erklären.

 

Das Thema im Starbucks heute kurz vor Schluss war die „erotische Laktation“, besser bekannt als „Stillbeziehung“. Schon wieder so einer. Vor zwei, drei Monaten erfuhr ich zum ersten Mal, dass es so was gibt. Nach dem heutigen Tag bin ich auf jeden Fall schon mal ein bisschen schlauer. Ich weiß nun, dass frau nicht unbedingt schwanger sein muss/gewesen sein muss für diese Spielerei, sondern dass es doch Mittel und Wege gibt, auch so den Milchfluss zu stimulieren. Aber wieder einmal erschließt sich mir die erotische Komponente nicht.

 

Das ist auch eine Sache, wo ich echte und massive Berührungsängste habe. Den in dem Stillen an sich kann ich beim besten Willen keinen erotischen Aspekt finden, nach meinen persönlichen Empfinden ist das fast schon abstoßend, diese beiden Bereiche zu verknüpfen. Mutter-Kind-Bindung, Urvertrauen…da passt für mich das große O nicht rein. Mein Verstand könnte sogar noch nachvollziehen, wenn zwei erwachsene Menschen das Stillen  zum Auf- und Ausbau der Bindung, der emotionalen Intimität und des Vertrauens benutzen. Das macht das Stillen für mich persönlich zwar auch nicht attraktiver, aber ich kann zu mindestens diese Motivation dahinter verstehen. Doch dass er oder ich oder wer auch immer davon geil werden soll….Nee…never…Mir unbegreiflich. Aber erklären konnte es mir auch noch niemand.

 

Das stelle ich recht häufig fest, wenn man mir mal wieder von den außergewöhnlichsten Fetischen erzählt. Man kann zwar immer gut erklären, was man will, aber selten warum man es will. Wo da der Lustgewinn bei so manchen Spielchen liegt, bleibt mir verschlossen.

 

Eine Ausnahme gab es letzten Samstag. Da führte ich ein recht interessantes Gespräch. Und der Herr, mit dem ich sprach, konnte mir doch tatsächlich seine Urophilie näher bringen. Die Urophilie gehört ja zu den wirklich absoluten und nicht diskutierbaren Tabus, die ich habe. Daran hat sich auch nach dem Gespräch mit dem urophilen Herrn nichts geändert. Aber er konnte mir seinen Fetisch so erklären, dass sich meinem Verstand die erotische Komponente erschloss, ich verstehe nun, wo und wie und warum diese Spielchen für ihn mit extremer Lust verbunden sind. Das war wirklich mal…interessant. Mich hat es trotzdem nicht zum Nachahmen gereizt, aber ich verstehe nun die Hintergründe, die Motivation.

 

Ich frage mich, warum mir bisher so wenige Menschen ihre Vorlieben erklären konnten. Ist so was vielleicht gar nicht erklärbar? Oder kann man es nur Außenstehenden schlecht erklären? Nach dem heutigen Tag jedenfalls weiß ich über das „Wie“ der erotischen Laktation Bescheid, nicht aber über das „Warum“. Und ich würde es doch gerne verstehen. Aber vielleicht kann man das auch nicht. Vielleicht muss man auch nicht immer alles verstehen können.

 

Ich weiß es nicht. Jetzt bin ich also wieder zu Hause. Nach einem Pleitedate. Am Montagabend treffe ich den Typen von letztens…von vor Weihnachten. Ich bin mal gespannt….Eigentlich wollte ich ja gar kein zweites Treffen. Aber ich denke, ich lasse es mal auf einen Versuch ankommen. Mal sehen, was daraus wird. Eine größere Pleite als heute kann es eh kaum werden.

 

Kommentare

09:44 12.02.2011
vielleicht wissen die selber nicht, warum. und danke für die einführung des begriffs und der definition des after-fuck-blues. ein schönes wort für einen bekannten zustand.
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
Löschen | Abbrechen

Kommentieren


Nur für registrierte User.

c. Offline

Mitglied seit: 05.06.2010
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

2011-01-29 22:28