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Tagebuch c.
2010-07-23 18:55
Meinungsforschung

Gestern Abend telefonierte ich länger mit einer Freundin. Dabei erteilte sie mir einen Auftrag. Ich soll mich mal umhören, was andere dazu sagen, damit sie weiß, ob sie überreagiert oder nicht.

Es geht um eine andere Freundin. Nennen wir die Freundin, die gestern anrief, mal der Einfachheit halber Telefonfreundin, die andere Psychofreundin. Der Name ist nicht böse oder abwertend gemeint, passt aber einfach irgendwie am besten zu der ganzen Situation.

Alle beide sind mittlerweile Ende zwanzig, die Telefonfreundin hat einen Job, der viel Engagement und wenig feste Arbeitszeiten bedeutet, die Psychofreundin ist seit ihrem Abschluss arbeitslos.

Die beiden kennen sich aus Schulzeiten, waren sich in vielem sehr ähnlich, hatten teilweise ähnliche Probleme und haben sich dann zusammengerottet und sich damals so eine Phantasiewelt zusammengeträumt und gemalt.

Aber es sind nun ja auch schon elf Jahre vergangen, seit sie sich kennen gelernt haben. Und da passiert dann doch so einiges.

Lange, lange waren sie sich ähnlich, so auf derselben Stufe im Leben stehend, in denselben Problemen steckend.

Jetzt hat sich aber meine Telefonfreundin in den letzten paar Jahren doch weiter entwickelt. Ist erstmals Schritte gegangen, die sie sich lange zu gehen nicht getraut hat und ist irgendwie der Flucht in eine Phantasiewelt entwachsen.

Aus falschem Pflichtgefühl oder was auch immer, kann sie sich jedoch nicht von der Psychofreundin lösen. Inzwischen ist sie nur noch genervt.

Denn die Psychofreundin klammert. Extrem. Wirklich sehr extrem. Wenn man als Außenstehender mitbekommt, was da so abgeht, muss man eigentlich meinen, die beiden führen eine Liebesbeziehung und keine Freundschaft.

Die Psychofreundin ist extrem angefuchst, wenn man ihr nicht sofort auf Nachrichten antwortet. Da kommen dann schon mal so SMS wie: „Es kränkt mich sehr, dass Du mich wieder ignorierst. Du verletzt mich mit Deinem Verhalten.“

Jedes Mal, wenn ich mit der Telefonfreundin spreche, gibt es ein neues Drama mit der Psychofreundin. Nein, eigentlich ist es immer das alte Drama, das nur dauernd wiederbelebt wird. Im Grunde geht es darum, dass sich die Psychofreundin zurückgesetzt fühlt, wenn man ihr nicht augenblicklich antwortet. Und dann macht sie Terror. Denn sie hat ja natürlich alles Verständnis der Welt, aber auf sie und ihre Bedürfnisse nimmt niemand Rücksicht.

Und immer diese „Wir-müssen-reden-Ansagen“. Ständig. Immer. Und am Ende kommt man zu doch keiner neuen Erkenntnis. Die beiden drehen sich im Kreis.

Das hat mittlerweile Formen angenommen…Die Telefonfreundin zwingt sich mittlerweile dazu, sofort auf Nachrichten zu reagieren, damit es nicht wieder Theater gibt. Aber manchmal kann man eben nicht sofort reagieren. Und sobald sie mal etwas länger braucht, um zu antworten, macht die Psychofreundin schon wieder Terror.

Ich meine, ich habe alles Verständnis der Welt für jemanden, der wirklich heftige Probleme hat und psychische Hilfe braucht. Ich weiß, bei der Psychofreundin liegt einiges im Argen, was auch mit Therapie noch nicht gelöst werden konnte. Aber irgendwo hört das Verständnis dann auch auf. Wenn man andere in seinen Scheiß hineinzieht, wenn das ganze fast Formen emotionaler Erpressung annimmt, läuft da irgendetwas schief.

Die Telefonfreundin fühlt sich für die Psychofreundin verantwortlich. Sie hat Angst, dass sich die Psychofreundin etwas antut, wenn sie den Kontakt abbricht.

Aber das kann es ja nicht sein. Das ist keine Freundschaft mehr. Wenn es so weit geht, dass sich jemand gezwungen fühlt, sich für den anderen zu verbiegen, passt da etwas nicht. Da würden wohl eher klare Grenzen helfen. Selbst wenn es die Psychofreundin erst einmal niederschmettern würde. Aber im Endeffekt wäre ihr damit sicher mehr geholfen, als wenn man immer versucht, ihren Ansprüchen gerecht zu werden.

Trotzdem zweifelt die Telefonfreundin. Sie fühlt sich ständig als die Böse. Deswegen hat sie mich gebeten, mich einmal umzuhören, ob sie vielleicht wirklich im Unrecht ist, wenn sie sich von der Psychofreundin erdrückt fühlt.  Wer ist der Meinung, dass es mit Ende 20 normal ist, als Freundinnen so aufeinander zu glucken? Wer meint, dass auf Nachrichten tatsächlich direkt geantwortet gehört?

Vermutlich ist die Antwort schon klar. Wenn überhaupt jemand von euch antwortet. So was kann nicht gesund sein. So etwas ist nicht gesund. Und im Interesse aller Beteiligten ist es wohl sicherlich das Beste, wenn man Abstand in den Kontakt bringt.

 

Kommentare

21:52 25.07.2010
Danke für die Meinungen. Ich werde sie mal weiterleiten. Ja, im Grunde war mir klar, dass ihr das so sehen würdet. Ich sehe es ja selbst genauso. Aber gut, das noch mal von völlig Unbeteiligten bestätigt zu bekommen.
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09:03 24.07.2010
Ich würde die Psychofreundin entsorgen.
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22:55 23.07.2010
für mich hört es sich auch sehr krank an.
ich würde an ihrer stelle mal ganz klar mit der freundin reden.
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22:18 23.07.2010
tja, eigentlich weißt du es ja selber schon und ich kann mich abc nur anschließen. für mich hört sich das krank an... ich hatte so was ähnliches auch schon und dann abgebrochen ...
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19:53 23.07.2010
Dass das so scheisse ist, muss jetzt nicht jeder extra schreiben, oder?

Grenzenloses Verhalten bedeutet auch nicht zwangsläufig, dass man sich nicht an Grenzen halten kann. Man tut es nicht, weil keine da sind.
Grenzen setzen ist natürlich ein K(r)ampf, gerade wenn man schon so lange in diesem Verhaltensmuster steckt, aber so geht es ja auch nicht weiter.
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2010-07-23 18:55