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Tagebuch c.
2010-08-26 12:06
Über den Abend in der Stadt an der holländischen Grenze

Gestern also habe ich das Ding besucht. Tja…Und wie war es? Anders als gedacht. Ganz ehrlich? Ich hätte nicht unbedingt etwas dagegen gehabt, heute davon berichten zu können, dass wir die Serien Serien sein ließen und gleich miteinander in der Kiste gelandet sind.

Aber es ist so, wie ich es in letzter Zeit so oft schon feststellen durfte: Es kommt eben doch immer anders als man denkt.

Am Nachmittag telefonierte ich mit einer Freundin. Für den Fall der Fälle hatte ich sie über die Adresse informiert, unter der ich an dem Abend zu finden war. Praktischerweise wohnt sie in derselben Stadt wie das Ding. Ihr Kommentar: „Haha…Es heißt doch immer so schön: Ich wollte immer den heißen Latinolover und gelandet bin ich dann bei dem kleinen Blonden…“

Eigentlich hätte ich es schon da merken müssen. Mein Rumgedruckse auf ihren Kommentar. Mein Bedürfnis, klarstellen zu müssen, dass ich irgendwie nicht so richtig an dem Ding interessiert bin. Nicht so. Nicht auf diese Weise.

Dabei fing es dann gar nicht so schlecht an. Um fünf unter der Dusche ein Dauergrinsen. Vorfreude. Leichtes Hibbeln. Aber vor Vorfreude.

Als ich mich anzog, kam zum ersten Mal der Gedanke: „Das ist falsch. Das ist so falsch.“ Die Korsage in der Hand…die Schnüre gelöst, um sie von der Atmen-Wird-Überbewertet-Schnürung in die Gemütlicher-Fernsehabend-Schnürung umzumodeln…Der Gedanke, dass  eigentlich ein anderer zur Erstbetrachtung vorgesehen war…

(Ich trag die Dinger übrigens auch, wenn ich normale Sachen mache, Uni, Freunde und so, hatte mich also nicht dafür entschieden, weil ich Hintergedanken in Bezug auf das Ding hatte. Jedenfalls nichts ausschließlich. Sie gehören zum täglichen Vor-die-Tür-Geh-Outfit wie Schuhe.)

Überhaupt…Als ich fertig angezogen war, schaute ich in den Spiegel und stellte fest, dass ich überhaupt perfekt aussah. Alles perfekt aufeinander abgestimmt, alles harmonierte wunderbar miteinander. Sommerkleid. Strumpfhose. Stiefel. Strickjacke. Tasche. Ein Guss. Alles aus einem Guss. Und auch wieder der Gedanke. „Eigentlich hättest du das gestern anziehen wollen, anziehen sollen, wenn es denn ein gestern gegeben hätte, so wie es geplant war…“

Ab ins Auto auf die Autobahn. „Eigentlich würdest du jetzt viel lieber gen Süden und nicht gen Westen fahren…“

Immer diese Eigentlich-Gedanken…Aber dafür hatte ich eine tolle Fahrt. Das war richtig nett. Autofahren entspannt mich. Ich war froh, dieses Mal wirklich länger fahren zu dürfen. Froh über die Musik im Radio. Im Auto singe ich liebend gerne. In diesem Herbst werden es zehn Jahre, dass ich mit dem Führerschein anfing. Wahnsinn. Da fühlt man sich doch ganz plötzlich mal wieder richtig alt.

Ohne Zwischenfälle kam ich beim Ding dann an. Ich war sogar schneller, als es der Routenplaner vorhergesagt hatte. Deutlich schneller. Ich Heldin, ich.

Hibbelte auf dem Weg zur Wohnung…Hibbelte vor der Klingel…Dann ging die Tür auf…Und…der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, war: „Da ist wirklich keinerlei körperliche Anziehung von meiner Seite aus.“

Seine Wohnung ist wohl eine typische Männerwohnung. Nüchtern. Ohne viel Krams. Ein bisschen steril. Ein bisschen unpersönlich. Dafür aber das riesige Entertainment-Center im Wohnzimmer mit Beamer und Leinwand und Boxen und Haste-Nicht-Gesehen. Sicher perfekt für seine Playstation. Auch so ein Männerding.

Das ist ok. Männerwohnungen haben nicht unbedingt viel Schnickschnack. Was mich irritierte war, dass ich in der ganzen Wohnung kein einziges Buch sah. Plakativer könnte man nicht deutlicher machen, warum das mit dem Ding und mir eigentlich niemals passen kann. Er, der Herr Physiker-Doktorand, fragte schon in einer der ersten Mails, die wir schreiben, ob Edgar Allan Poe mit Fahrenheit 451 vergleichbar sei. Vielleicht habe ich da ja falsche Erwartungen, aber ich finde schon, dass einem studierten Menschen Edgar Allan Poe ein Begriff sein sollte. Wenigstens „Der Rabe“. Aber so sind sie wohl, die Physiker…Na, wie auch immer, ich finde, eine Wohnung braucht Bücher. Ohne sie fehlt etwas. Meine Keksdose ist vollgestopft mit ihnen. Hm. Ja. Na ja. Jedem das seine.

Wir haben dann tatsächlich „nur“ Grey’s Anatomy und Private Practice geschaut. Lustig…irgendwie…Weil bei GA die Sache mit dem dritten Date diskutiert wurde. Das dritte Date ist das Sex-Date. Ja, ja. Und er stellte mit hochrotem Kopf fest, dass das gestern ja auch irgendwie unser drittes Date war.

Im Grunde war es den ganzen Abend lang klar, dass von mir nur das „Go“ hätte kommen müssen, damit etwas gelaufen wäre. Und ich weiß auch, dass es nicht so super war, dass er die Episode mit dem Musiker so hautnah miterlebt hat. Einmal wagte er es nachzufragen, wie es mir damit geht. Meine Reaktion sprach Bände. Wenn schon die Gedanken immer wieder abschweifen, muss man darüber nicht auch noch in aller Ausführlichkeit sprechen.

Nach dem Fernsehteil des Abends wäre ich fast eingeschlafen. Da gab es dann auch ein paar winzige Augenblicke, in denen sich doch so etwas wie Kribbeln bei mir einstellte. Vielleicht doch zu viel Kontrolle meinerseits? Wieder einmal?

Aber da war ja auch noch die Sache mit dem Versprechen, ihn letztendlich nicht nur für meinen Vorteil zu benutzen, auszunutzen.

Die Rückfahrt war das Beste am ganzen Abend. Es regnete in Strömen. Bei so einem Wetter Auto zu fahren ist schon toll. Im Radio ein Konzertmitschnitt von den Sportis. Nicht zu 100% meine Musik, aber richtig laut aufgedreht, Tempo 120+, prasselnder Regen und laut mitsingen…Das hatte schon was.

Dazu lauter verrückte Gedanken im Kopf.

Vor allem die Frage, wohin das mit dem Ding noch führen kann oder führen soll.

Ich weiß, dass die fehlende körperliche Anziehung sehr viel mit seiner Art zu tun hat. Versteht das jetzt bitte nicht falsch, aber er ist so wenig mann. Nicht so, wie ich es mir vorstelle, nicht so, wie es mich anzieht. Er macht es mir zu leicht. Er ist so bemüht zu gefallen. Unterwürfig und devot? Das trifft es nicht. Aber so wischiwaschi. Es sind Kleinigkeiten. Das Herumeiern beim Aussuchen eines Tischs, wenn wir irgendwo etwas trinken gingen. Beispielsweise.

Gestern schrieb er mir noch ne Simse bevor ich fuhr. Auch wieder so ein Eiern.

„Noch kurz zur Info: du kannst hier natürlich rumlaufen, wie du magst, also mit Schuhen, auf Socken, Hausschuhen, wie auch immer. Nur ist mein Fußboden nicht der wärmste, da unter mir direkt der Keller kommt. Und bei gemütlichen Fernsehabenden bin ich ein Freund von Jogginghosen. Ich passe mich aber natürlich an meinem Gast an, also komm einfach wie du magst. Ich freu mich schon.

In meinen Augen hätte er sich die SMS auch sparen können. Oder er hätte mehr erreicht, wenn er gesagt hätte: „Ich will, dass du dies und das für mich trägst.“ Oder auch: „Sag du  mir, was ich dann später anziehen soll.“

Natürlich ist es auch höflich und zuvorkommend, mich auf den kühlen Fußboden im Vorfeld aufmerksam zu machen. Aber das ist mir, jedenfalls so wie er es formuliert hat, einfach zu viel an zuvorkommender Behandlung.

Ich glaube, er ist eher ein zurückhaltender Mensch.

Ich glaube, der Musiker in unser beider Hinterköpfe macht uns unsicher.

Ich frage mich, wie sehr es von Bedeutung ist, dass er sub ist.

Die kleinen Momente des Abends, in denen sich doch bei mir ein Kribbeln einstellte, waren die Momente, in denen er doch eher die Oberhand hatte.

Das ist schon wieder alles so verworren. Eigentlich müsste man das aber ja noch durch ein Gespräch entwirren können.

Auch wenn es so melodramatisch klingt, aber im Grunde kann er alles von mir haben, nur nicht mein Herz. Spaß, ja. Experimentieren, ausprobieren, ja. Beziehung, nein.

Und ich muss mir wohl die Frage stellen, ob ich es mir tatsächlich vorstellen kann, ihn zu dominieren. Einen gewissen Reiz hat es schon. Wenn er es mir nur nicht so einfach machen würde.

Natürlich ist es gut zu wissen, dass es an mir liegt, ob da was läuft. Dass ich entscheide, was da läuft. Aber will man das, was einem auf dem Silberteller präsentiert wird? Will man es so leicht haben?

Dauerhaft Dom sein….Will ich das? Kann ich das? Ausprobieren reizt mich…bei anderen viel mehr als bei ihm. Weil es so klar ist, dass er zur Verfügung steht. Wo fängt es an? Erst im Schlafzimmer oder schon auf dem Weg dahin? Aber es ist eine Sache, ob man noch ein wenig erobern muss, sich ein Wenig Mühe geben muss oder aber eine völlig andere, wenn man nur noch zuzugreifen braucht.

Schwierig. Schwierig. Bin ich auch so? Frage ich mich? Ich, die ich mich eigentlich bisher immer in der Rolle der Sub gesehen habe. Ich weiß es nicht. Natürlich will ich nicht in diesem Maße unterwürfig sein, aber ist es tatsächlich so? Muss das so sein? Oder sind es eigentlich alles nur Anlaufschwierigkeiten, die sich aus der verworrenen Gesamtsituation ergeben?

Ich glaube, wir sollten definitiv miteinander reden. Später.

Vielleicht sollte ich es auch ganz sein lassen, diesen ganzen Internet-Flirty-Dating-Pseudo-Herzenskram.

Als ich nach Hause kam, bekam ich noch zum Einschlafen einen großen, großen Stich ins Herz.

Schon wieder eine neue Freundin in der MSN-Freundesliste des Musikers. Jetzt werden mir zwei davon angezeigt in den Neuigkeiten. Die von Sonntag und die von gestern.

Ja, ich habe ihn noch nicht gelöscht.

Ja, ich sollte ihn aus meiner Liste löschen.

Aber ich kann es nicht. Konnte es nie. Auch früher in anderen Fällen nicht. Es ist dieses…wenigstens zu wissen, dass es dem anderen gut gehen muss, wenn man sieht, dass er online ist.

In den ganzen rund sieben Wochen unseres Kontaktes gab es keine einzige Anzeige über neue Freunde(innen) in seiner Liste. Jetzt gleich zwei in den letzten drei Tagen. Hm.

Es stört mich, dass es mich stört. Es stört mich, dass es mich trifft.

Denn es ist so bigott. Ich mache es selbst nicht anders. Das Ding…die anderen Menschen, mit denen ich mich in den letzten Tagen auseinandersetzte, die aber noch nicht wichtig genug sind, um hier erwähnt zu werden.

Man macht eben weiter. Jeder für sich. Das ist klar. Das ist normal. Es sollte mich nicht stören. Es ist nicht richtig, dass es mich stört. Es ist heuchlerisch, irgendwie. Aber es stört mich doch.

Na ja. Jedem sein Drama. Ohne das wäre das Leben ja auch langweilig.

 

Kommentare


unbekannt
12:39 27.08.2010
Der Kerl kann noch so toll sein... wenn er nicht "mann" ist, ist man einfach nicht mehr so interessiert, wie man es könnte. Kenn ich. Hab Angst, dass S. hier auch noch so ist. Stark sein macht mich an.

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12:17 27.08.2010
und schon wieder denke ich beim lesen deiner gedanken über mich nach ... wieso ist das immer so ... beknackt

im übrigen muss ich sagen kann ich die gedanken gut nachvollziehen. und auch das hin und her und das nicht wissen was man wirklich will und was versucht oder doch besser gelassen werden sollte.

im grunde bin ich ja zu "einfach machen" übergegangen. aber das macht das ausfindigmachen der wahren gefühle dann noch schwerer *find...

drama baby ... NARF
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09:40 27.08.2010
Sollten wirklich Bücher in einer Wohnung stehen, damit Frauen den Mann interessanter finden? Reichen Buchatrappen auch?
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unbekannt
13:53 26.08.2010
Ich kenne Dich zwar nicht, also nicht böse sein, wenn ich falsch liege, aber kann es sein, dass Du zu viel nachdenkst? Wenn Dir was auch immer mit dem Typen Spaß macht, dann tu es und wenn nicht, beende es wieder.



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c. Offline

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Ja | Nein

2010-08-26 12:06