Weakling
I am a weakling!
Biegsam wie heißes Metall!
Vor zwei Wochen noch kehre ich ihm den Rücken zu und behaupte, dass Er Vergangenheit ist und das habe ich auch wirklich angenommen, geglaubt und gelebt. Wie kann sich eine Einstellung derart schnell ändern? Es sei denn, sie war von Beginn an Lüge und nicht Wahrheit! Und wie anders kann ich mir das erklären, als durch die Tatsache, dass es noch immer eine Männerliste gibt, auch wenn er vielleicht der Einzige ist, dessen Name sich darauf befindet. Als ich diesen Text schreibe, sitze ich gerade in der S-Bahn auf meinem Weg zur Arbeit. Es ist sechs Uhr früh, ich höre James Blunt und reflektiere über meinen vermeintlichen Fehler. Denn es war doch ein Fehler oder nicht?
Ich hätte mich von ihm wegdrehen sollen, anstatt nach ihm Ausschau zu halten...
Ich hätte ihm meine Hand entziehen sollen, als er im Verborgenen danach griff, anstatt es zu erlauben und zu genießen...
Ich hätte keine Miene verziehen dürfen, als er mich mit diesem für ihn so typischen Lächeln bedachte, anstatt mit dem gleichen Ausdruck in den Augen zurückzulächeln...
Aber ich bin auch nur ein Mensch und Menschen tun im Leben eben auch Dinge, die schlecht für sie sind! Die Affinität zwischen uns beiden ist einfach zu alt, geht zu lange zurück, so dass alle unschönene Momente der Vergangenheit und oh ja, da gab es wirklich viele, in einem Meer von aufregenden und aufwühlenden Gefühlen untergehen. Vielleicht beschwöre ich damit die nächste Herzschmerz-Katastrophe herauf, weil es sich mal wieder im Sand verläuft oder unschön endet. Vielleicht wird die Geschichte aber auch anders ausgehen und ich werde endlich die Chance bekommen ihn von meiner Liste zu streichen, weil er nun nicht mehr Wunschkandidat, sondern Wirklichkeit ist. Vielleicht bleibt es aber auch nur bei diesem einen Abend, was nicht weiter tragisch wäre. Die Liste unserer Begegnungen ist lang, geht schon Jahre zurück und hier liegt das wirklich Besondere und Einzigartige, denn immer wieder treffen sich unsere Hände, wirft er mir seine Blicke zu. Wir hatten viele prickelnde, spannungsgeladene Momente und dennoch gab es nur eine Nacht in welcher wir uns geküsst haben. Ich erinnere mich an ein Sylvester, es war ein denkwürdiger Abend, ich war anfangs voller Vorfreude und später voller Verwirrung. Damals lief das zwischen mir und Manuel schon ein bisschen, aber er war auch noch da. In jener denkwürdigen Sylvesternacht gab ich Manuel unseren ersten gemeinsamen Kuss und überreichte ihm sozusagen eine Einladung mich weiterhin zu "daten". Und im Verborgenen, in der Küche, während Manuel draußen feierte, küsste ich auch ihn das erste Mal.
Er begleitet mich nach draußen, damit wir uns in Ruhe, ungestört, in Wirklichkeit aber unbeobachtet verabschieden können. Freunde von uns beiden gehen vorüber und wir trennen uns, bevor sie sehen können, wie nah wir einander waren. Ich denke mir, dass es ja nur gut ist, wer braucht schon Gerüchte und Spekulationen? Aber ein anderer Teil in mir fragt sich natürlich, warum er denn ein Problem damit hat mit mir gesehen zu werden? Als er sich am Ende zu mir herabbeugt für den gewichtigen Abschiedskuss, drehe ich meinen Kopf beiseite und biete ihm meine Wange. Aus einem verheißungsvollen Kuss werden zwei freundschaftliche Küsschen. Man hat die Absicht hinter meiner Geste fast nicht bemerkt, aber nur fast!
Wenn sein Interesse dieses Mal wirklich ernsthafter sein sollte, dann kann er auf seinen zweiten Kuss ruhig noch ein bisschen warten und selbstverständlich auch ein bisschen mehr dafür tun, um mich zum Beispeil zu überzeugen, dass er mich küssen möchte, weil er mich so toll findet und nicht weil ich auf seiner Liste stehe!
Irgendwie paradox, ich weiß!