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Tagebuch Bunny_Hop
2007-09-08 19:25
Stolen hours
Meine Einstiegsdroge ist Wodka-Mango-Maracuja. Sehr, sehr süß, genießbar, aber in seiner Wirkung fatal. Ich bin Vino rosso gewöhnt, keinen billigen Wodka. Da ich das einzige Mädchen bin, erlaubt man mir natürlich auch keine "Muschi-Mischungen". Ich meine, wo kämen wir dahin? Ich habe einen Ruf zu verteidigen. Außerdem werde ich zu Feiglingen und Saufspielen genötigt und ja, ich gebe es zu, eigentlich lasse ich mich zu nichts zwingen. Mein Widerstand war, wie man sich denken kann, wohl nicht allzu groß, halbherzig. Hin und wieder bin ich gerne unvernünftig und nach meiner Magengeschichte ist eigentlich jeder härtere Alkohol ein Wagnis. Ich gehe es ein.
Mein Getränk des fortschreitenden Abends ist Becks Green Lemon. Eine Frau muss schließlich darauf achten die Contenance und somit den Ruf zu wahren. Vom Wodka war ich zu diesem Zeitpunkt sowieso schon schön angeheitert... Wahrscheinlich eine Untertreibung, aber ich kann noch gerade laufen und strukturierte Sätze formen.
Ich rede mit Chris. Selbstverständlich ist er nett zu mir und der vollendete Gentleman. Er läd mich auf diverse Drinks ein und legt mir ritterlich seine Jacke über die Schultern, als ich vor Kälte zittere.
Später im Taxi (wir sitzen alleine darin) fragt er mich höflich, ob das Taxi denn einen Umweg über mein kleines Städtchen machen soll oder ob ich "mit nach Hause" fahre.
"Wo willst du hin?"
"Heim," antworte ich und auch wenn es für Chris vielleicht einfach nur daher gesagt ist, für mich ist es wirklich so. Ich fahre nach Hause.
Ich habe mich noch niemals bei einem Mann so daheim gefühlt wie bei ihm, aber schließlich wurde der Spruch "Zuhause ist, wo das Herz ist" nicht umsonst geschrieben. Wir gehen relativ schnell zu Bett, weil es einfach zu kalt ist, um auf der Couch rumzusitzen. Abgesehen davon, wer will das schon?
Im Bett kuschelt er sich an mich oder ich kuschle mich an ihn, ich weiß es nicht, vielleicht kuscheln wir beide uns auch aneinander, halten einander fest.
Es fühlt sich gut an, so abartig gut und gleichzeitig, gleichzeitig bin ich mir nur allzu bewusst, dass ich mich mit derartigen Aktionen selbst ins Unglück stürze. Ich sollte die Finger von ihm und derartigen Verabredungen lassen. Wir funktionieren gut miteinander, dass wird sich nie ändern, aber es gibt kein "wir" mehr. Schon lange nicht mehr.
"Werde ich eigentlich nie über dich hinwegkommen?", murmelt Chris in mein Haar.
"Du bist doch schon über mich hinweg, immerhin hast du eine Freundin."
"Trotzdem denke ich an dich!"
"Du denkst vielleicht an mich, aber du willst mich nicht wieder haben."
Er antwortet nicht, vielleicht weil er zu betrunken ist, einfach nicht möchte oder die Antwort nicht kennt.
Später haben wir Sex. Naturally. Es fühlt sich gut an und dennoch kann ich mich nicht vollkommen hingeben. Er bekommt meinen Körper, aber nicht meinen Geist und wahrscheinlich ist er zufrieden damit, wahrscheinlich geht es sowieso nur darum. Chris mag meinen Körper, fasst mich gerne an. Er will nicht das Paket, will mich nicht ganz, nicht mehr. Heute nicht, morgen nicht, nie wieder? Ich bin natürlich zu feige, um ihn zu fragen ob er es sich jemals wieder mit mir vorstellen kann. Vielleicht habe ich auch einfach Angst vor der Antwort. Manchmal ist hoffnungsvolle Unwissendheit einfach besser, als traurige Gewissheit.
Ablehnung ist immer schmerzhaft und in diesem Fall um so schmerzhafter, weil es diese Momente gibt. Momente, in welchen wir Arm in Arm da liegen und ich mich so gut fühle, wie schon seit Monaten nicht mehr. In diesen Augenblicken bin ich ganz still und versuche mir alles einzuprägen. Stoff für meine Träume. Erwärmender Gedanke in Stunden der Einsamkeit. Trost in Augenblicken der Verzweiflung.
Gegen Nachmittag des nächsten Tages fährt er mich nach Hause. Kein Abschiedskuss und keine netten Worte, aber wir sind schließlich auch kein Pärchen mehr. Die Realität springt mich wie eine Raubkatze von hinten an. Ich steige aus dem Auto. "Ich melde mich," ruft er mir hinterher und anders als bei Michi bin ich mir auch sicher, dass er das tun wird. Chris wird sich melden. Nur wann?
In zwei Wochen oder doch eher in drei Monaten? Vielleicht in einem halben Jahr?
Ich wünsche mir, dass er sich am gleichen Tag, heute noch meldet. Am Abend vielleicht, dass wäre doch nett. Ich wünsche mir, dass ihm diese wenigen geklauten Stunden nicht genügen und er mich ganz für sich haben will.
Ich gehe ins Haus und begegne meiner Nichte mit meinen beiden Großneffen. Der eine liegt schlummernd in seinem Maxi cosi und der andere schreit wie am Spieß, weil er sich den Daumen in der Autotür eingeklemmt hat. Ich halte seine Hand, spüre wie sein Blut auf meine Finger tropft. Der Nagel ist blau und eine Schwellung breitet sich aus. Das ist die Realität. Mein schreiender Großneffe, der medizinische Versorung und Ablenkung benötigt.
Die Wirklichkeit hat mich eingeholt und Chris ist, wie schon seit über zwei Jahren, kein Teil davon. Ich verdränge meine Wünsche, Hoffnungen und freue mich über diesen einen Tag, den wir gemeinsam verbacht haben.
Vielleicht ist das genug, vielleicht auch nicht. Es ist alles was ich bekommen kann.

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leben 

Kommentare

01:38 09.09.2007
auch wenn das verhältnis abgekühlt ist, nach einer gemeinsamen nacht sollte es "Kein Abschiedskuss und keine netten Worte" nicht geben, das hast du nicht verdient, auch wenn du gefühle nur ganz dezent einbringst.
du solltest hoffen, dass er nicht wieder anruft - nur für körperliche entspannung. beim bademeister warst du die starke, denke ich, aber hier lässt du dich nur ausnutzen. das hast du nicht verdient!
Good luck!
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19:42 08.09.2007
hachja
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2007-09-08 19:25