Licht aus
Ich habe Angst, wenn es um Arztbesuche geht verliere ich mein Selbstbewusstsein, den Mut. Deshalb wähle ich natürlich das Beruhigungsmittel, anstatt die Prozedur einfach so über mich ergehen zu lassen.
"So jetzt werden sie gleich ganz müde." Der Arzt injiziert mir etwas, man steckt mir so ein Teil in den Mund und dann.. keine Ahnung was dann war. Das nächste was ich spüre ist, wie sich mein Körper gegen das Eindringen des Schlauches wehrt oder wird er schon herausgezogen? Mein Hals krampft sich zusammen und ich spüre die Hände der Arzthelferin, als sie meinen Kopf fest und mich ruhig halten. Das Gefühl ist schrecklich, man ist so hilflos, so ausgeliefert. Meine nächste Erinnerung ist, wie man mir einen Packen voller Tücher vor den Mund drückt. Licht aus. Ich werde in einen anderen Raum geführt, lege mich auf eine Liege und bekomme diesen Klipp an den Finger. Licht aus. Der Arzt kommt, gibt mir die Befunde und ich rufe meinen Vater an, er muss mich abholen, weil ich aufgrund des Beruhigungsmittels nicht Auto fahren darf. Innerhalb von wenigen Minuten ist er da, unmöglich, aber mein Zeitgefühl ist dahin. Licht aus. Ich hab keine Ahnung, wie mich mein Vater nach Hause gefahren hat, welchen Weg er gewählt hat, über was wir gesprochen haben..
Den ganzen Tag über bin ich ziemlich groggy, habe Hals- und Bauchschmerzen und schlafe ne Menge. Eigentlich verschlafe ich den ganzen Tag und fühle mich dennoch hundeelend.
Mein Fazit: So eine Magenspiegelung ist kein Spaziergang und die Narkose kann einen unter Umständen ziemlich aus der Bahn werfen. Ich war den ganzen Tag über und auch nachts ziemlich neben der Spur. Außerdem lügt derjenige, der sagt, dass man nichts spürt. Man spürt ne ganze Menge! Und ich hoffe wirklich, dass ich das nicht noch einmal machen muss.
Auf jeden Fall habe ich kein Magengeschwür und das ist eigentlich ein Grund zum Feiern. Eigentlich! Feiern darf ich aber nicht, na zumindest darf ich keinen Alkohol trinken und meine Alkoholenthaltsamkeit bekommt somit einen ganz neuen Aspekt. Außerdem darf ich ne Menge Zeugs nicht essen und muss sozusagen eine Diät halten. Sehr geil, ich habe nämlich eine Magenschleimhautentzündung mit Einblutungen und die muss, sobald man den Grund für diese Entzündung mittels der Biopsien ermittelt hat, behandelt werden.
Ich schreibe mit Joe und ich mache mir so ein paar Gedanken über meine vergangene Affäre mit Michi. Ein T-Shirt von ihm liegt auf meinem Tisch und ich weiß, dass eine DVD von mir auf seinem Fernseher liegt. Nun, was tun? Ich bin nicht bereit ihm zu schreiben und ein kurzes Treffen zu vereinbaren, um besagte Sachen zu übergeben. Nein, ich bin dafür nicht bereit, warum auch immer? Schließlich hat er mir nichts bedeutet. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich mich dann bei ihm melden müsste und ich will nicht die erste sein, die das Schweigen bricht. Ganz schön dämlich oder? Wahrscheinlich denkt er genauso. Auf jeden Fall ist mir mal aufgefallen, dass die Geschichte zwischen mir und Michi eigentlich ein absolut typisches Ende genommen hat. Ein typisches Ende für uns beide. Es gab schon unzählig ähnliche Momente. Man hört auf sich zu melden und die ganze Sache schläft letztendlich ein. Bis zum nächsten Treffen, neuerlichen Regungen, Begegnungen und dem abschließenden Moment, weil das Interesse niemals ausgereicht hat. Ja mein nächstes Treffen mit Michi wird wohl in Bälde stattfinden, weil mit dem Mai auch wieder eine Anzahl von Parties stattfinden wird. Ich komme nicht umhin mich zu fragen, wie es sich anfühlen wird? Wie werden wir uns benehmen? Eines ist schließlich klar, es wird keine neuerlichen Begegnungen mehr geben, denn der abschließende Moment war diesmal auch ein endgültiger, nicht wahr?