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Tagebuch Bunny_Hop
2007-10-02 20:32
First day abroad
Ich fahre pünktlich um acht Uhr los. Zeit spielt heute eine große Rolle. Die Anfahrt, auspacken, einkaufen, ein paar Augenblicke zum relaxen und dann der erste Discobesuch. Die Straßen sind frei, die Autobahnen relativ leer. Um elf Uhr nehme ich meinen Schlüssel in Empfang und betrete meine neue Wohnung in der ich von jetzt an drei Monate verbringen werde. Sie ist ein klein wenig anders, als diejenige, die ich besichtigt habe. Besser. Kein Teppichboden, sondern Laminat. Die Küche ist schöner eingebaut und steht nicht wie ein aussätziges Teil im Gang herum. Alles, bis auf ein Teil der Küchenschränke ist sauber.
Eines habe ich aber dennoch auszusetzen. Eine Sache wird die nächsten drei Monate definitiv ein Problem darstellen. Was rede ich da, eigentlich sind es zwei Sachen. Erstens mein Bett ist sehr, sehr klein und zweitens Fliegen. Fliegen in Unmengen. Sie sind hinter dem Vorhang am Fenster. Zehn, zwanzig, fünfundzwanzig. Lebend und tot. Ich scheuche sie raus ohne den Vorhang beiseite zu ziehen. Ich hasse Fliegen. Die Geräusche, die sie machen jagen Schauer über meinen Rücken und ganz allgemein, es sind schmutzige Tiere.
In der Nacht lasse ich die Rolladen herunter und dann… Sie sitzen außen. In Trauben, in richtigen Scharen. Unvorstellbar. Mein Zimmer liegt im siebten Stock. Was machen die soweit oben? Eines ist auf jeden Fall klar, gelüftet wird später, wenn ich mir etwas habe einfallen lassen. Und bis dahin, wer weiß, vielleicht schreibe ich an einem Horror-Roman mit dem Titel „Die Fliegen“.
Bevor ich um zwei Uhr nachts erschöpft und total erledigt ins Bett falle, ist natürlich einiges geschehen. Ich habe Kisten geschleppt und wurde am nächsten Tag gleich mit einem satten Muskelkater belohnt. Oberarme und Schultergürtel. Außerdem tut mir der rechte Hüftknochen weh, weil ich darauf die Kisten immer ein bisschen, zur Entlastung, abgestellt habe. Dennoch, what to say, es ist ein tolles Gefühl, dass alles alleine geschafft zu haben. Es ist ein tolles Gefühl wieder in einer eigenen Wohnung zu leben und einen Kühlschrank, einen Herd und ein Badezimmer für sich zu haben. Ich packe die Kisten aus und auch, wenn ich der Meinung war, dass ich bereits viel mitgenommen habe, so wird dennoch recht schnell klar, dass ich noch mehr Dinge nachholen muss. Einrichtungsgegenstände. Acht Quadratmeter Laminatfussboden auf denen sich nichts, außer einem zugegebenermaßen recht hässlichen Sofastuhl, befindet. Ich denke an meinen Liegestuhl, mein Beistelltischchen und eine rote Decke, um das Polster zu verhüllen. Eine kleine Chill-out-Lounge. Teppiche, für den Wohnraum, das Badezimmer. Ein Pizzaofen, ich brauche unbedingt einen Pizzaofen. Man stelle sich vor, die Küche verfügt über keinen Ofen und schlimmer noch, die Etagenküche auch nicht! Einmal die Woche bestehe ich eigentlich schon auf meine Pizza.
Am späten Nachmittag ist die erste Auspackphase abgeschlossen und ich gehe einkaufen. Lebensmittel, Haushaltswaren, ein fehlendes Körbchen für meine Unterwäsche. Ich treffe auf einen Typen aus meinem Kurs, wir kommen kurz ins Gespräch und er meint, dass er sich bei mir meldet, wenn er etwas mehr über die Abendplanung erfährt.
Zwei Stunden später schreibt er mir und meint, wir könnten doch zusammen hingehen. Ist doch nett oder nicht? Die Männer hier sind generell alle sehr zuvorkommend…
Wir treffen uns zuerst bei einem Kommilitonen daheim, trinken ein bisschen und reden. Das heißt, eigentlich habe ich hauptsächlich das Gefühl zu reden. Der Rest, bis auf ein Kerl, ist eher schweigsam. Warum auch immer? Ich meine, haben die alle nicht gelernt, wie man Kommunikation betreibt und freundlich, höflich ist? Das Schweigen ist peinlich und irgendwie doch auch vollkommen fehl am Platz. Es gibt so viele Themen, so viele Geschichten, so viele Diskussionen, die noch nicht angeschnitten, erzählt, ausgefochten wurden. Später gehen wir in die hiesige Dorfdisco. Die einzige Disco in einem doch eher größeren Umkreis. Ich könnte weinen. Hinter der Bar hängen Papierplakate, darauf in riesigen Lettern die Aufschrift „Neu-Neu-Neu-Neu“.
Man erwartet einen exotischen Cocktailnamen oder vielleicht einen gerade neu auf den Markt gekommenen Energydrink. Ich hätte so etwas erwartet. Was darunter steht ist bezeichnend. Bezeichnend für die Diskothek, die Leute, den Feierstil. Wodka-RedBull. Ich meine, wo sind wir hier? Im Mittelalter? Wodka-RedBull ist bei uns ein Klassiker und schon lange, lange nichts außergewöhnliches mehr.
Die Musik ist zu schlecht um darauf zu tanzen, außerdem ist die Tanzfläche leer und ein Alkoholpegel mag bei einer derart beschränkten Getränkeauswahl auch nicht recht aufkommen. Ich rede, rede mit dem einzigen, der eben sonst noch redet. Die anderen schweigen oder grinsen sich an. Ich habe schon lange keine derart gute Unterhaltung mehr geführt. Ernsthaft. Er ist nett, wir haben ähnliche Ansichten und obwohl er so gar nicht mein Typ ist fühle ich mich ein klein wenig zu ihm hingezogen. Bestimmt nur, weil das Biest in mir schon wieder gefüttert werden will…
Um zwei Uhr nachts gehen wir nach Hause. Bei uns geht die Party um eine solche Zeit normalerweise erst los, aber hier ist das anders. Ich freue mich auf Freitag (meine erste Heimfahrt) und die Party am Samstag.
Ganz allgemein fühle ich mich hier sehr komisch. Meine Ortskenntnis ist bis jetzt natürlich noch beschränkt und ich kenne auch nur eine Handvoll Leute. Ich habe kein Internet und außer meinen Handys auch keinen Telefonanschluss. Wie soll ich sagen, auch wenn ich mir sicher bin, dass es nicht lange anhalten wird, gerade fühle ich mich ein klein wenig isoliert.
Dafür denke ich aber nicht über gewisse Kerle nach… Ich frage mich nicht, was Chris gerade macht und wie seine Geburtstagsparty am Freitag verlaufen ist. Und ich frage mich auch nicht, warum Michi seinen Beziehungsstatus auf „sag ich nicht“ geändert hat. Nein, nein, nein.. ich trinke „Momente der Liebe“-Tee und höre den Soundtrack von Step up, den mir zufälligerweise meine letzte Affäre geschenkt hat. Außerdem erstelle ich Prioritätenlisten für zukünftige Anschaffungen und mache mir Gedanken über meinen Roman „Die Fliegen“.

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leben 

Kommentare

00:54 03.10.2007
na dann erst mal gratulation zum neuen heim - und du wirst schon noch die "herrin der fliegen" werden! (... da gibt's doch diese hübschen klebestreifen zum aufhängen ... )
also dann: alles gute für den neuanfang und
Good luck!
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2007-10-02 20:32