Der Aha-Moment
Ich schlafe nicht lange und bin deshalb natürlich den ganzen Tag eher eine Leiche, als das blühende Leben. Aber wer ist das schon am Neujahrstag? Seit meiner ersten Sylvesterparty außerhalb, mit dreizehn Jahren, war der 1.Januar eigentlich immer ein Relaxtag und so dann auch gestern. Ich liege auf der Couch, vorzugsweise mit geschlossenen Augen. Ich höre Musik und mache mir so meine Gedanken über das Alte und das Neue Jahr und natürlich auch über Michi. Am Ende des Tages komme ich zu dem Schluss, dass eine nächtliche Neujahrs-SMS nicht wichtig ist und für mich wahrscheinlich nur deshalb so gewichtig war, weil mir eben andere geschrieben haben. Andere von welchen ich es nicht erwartet hätte! Andere, auf deren SMS ich hätte verzichten können!
Ich begrabe also meinen Ärger und meine Schmollstimmung, halte aber an dem Gedanken fest mich nicht bei ihm zu melden!
Ich telefoniere mit Gordi, weil ein Treffen aufgrund unserer Terminpläne bis jetzt nicht drin war und weil ich schon lange nicht mehr mit ihm geredet habe. Er erzählt mir, dass er sich von seiner Langzeitfreundin (2,5 Jahre) getrennt hat. Ein "Aha-Moment", denn plötzlich bekommt die SMS einen Sinn und fügt sich in ein längst gezeichnetes Bild. Gordi, der sich immer wieder meldet, wenn er Single ist. Gordi, der seine Chance immer wieder sucht, wenn er gerade abserviert wurde oder abserviert hat. Gordi, der seine Chance bereits 2005 vertan hat und Gordi, dem ich nie wieder eine Chance geben werde. Er ist ein Freund und schon lange ausschließlich ein Freund. Ich drehe mich schon lange nicht mehr nach ihm um, ich frage mich schon lange nicht mehr, was er wohl macht und ich kann mich weiß Gott an kein Zukunftsszenario erinnern, dass ihn eingeschlossen hat, außer vielleicht als guten Freund auf meinem Polterabend. Gordi ist Vergangenheit und ich war wirklich der Meinung, dass er das begriffen hat. Ich habe es ihm sooft gesagt, sooft erklärt und sooft gezeigt! Also verspreche ich zwar mich zu melden und plane ein baldiges Treffen auch wirklich ein, immerhin sind wir gute Freunde und er kann jetzt bestimmt eine gute Freundin brauchen. Allerdings plane ich das Treffen für den Nachmittag in einem überfüllten Cafe und nicht Abends für einen Filmeabend.
Auch wenn es natürlich irgendwo schmeichelhaft zu wissen ist, dass ich für Gordi noch immer jenes geheimnissvolle Mysterium bin, so kann ich an dieser Stelle nur sagen, dass es auch für ihn mal an der Zeit wäre, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es gibt eben einfach doch Geschichten, Männer und Frauen, die obwohl sie niemals ausgetestet wurden, irgendwann von Listen gestrichen werden.
Während ich mit Gordi telefoniere, piepst mein Handy. Eine SMS von Gregor, dem Typ von der Sylvesterparty, dem ich meine Handynummer gegeben habe. Ich schreibe ihm erst spät zurück, weil es mir komisch vorgekommen wäre ihm zu schreiben während ich mit Gordi telefoniere. Erstens, weil Gregor der Exfreund von Gordis "Ex"- Freundin ist und zweitens, weil wir gerade über ihn gesprochen hatten, über Gregor, aus mir unerfindlichen Gründen.
Alles in allem entschließe ich mich, dass ich jene Option von Mann wohl niemals nützen werde, die Kreise sind ja jetzt schon viel zu eng und sollten nicht vorsätzlich noch enger geknüpft werden.
Um Mitternacht liege ich in meinem Bett, müde aber zu erledigt um zu schlafen.
Mein Handy piepst und diesmal ist es die SMS auf die ich schon so lange gewartet habe. Michi!
Und meine Welt ist wieder heil, weil ich nun sicher sein kann, dass Michi auch in 2007 noch eine Rolle spielen wird. Es wäre doch wirklich zu schade gewesen, wenn die Geschichte zwischen uns mit dem Jahreswechsel untergegangen wäre!