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Tagebuch Branley
2005-04-06 14:03
Dänemark - Teil 3

Das Haus hatte 5 Schlafzimmer, um ganze 10 Menschen unterzubringen. In der unteren Etage konnte man eine Familie mit 4 Kindern unterbringen und oben dann nochmal 4 Leute. Vermutlich war es für eine Familie mit zwei größeren Kindern gedacht.
Mir war durchaus klar, dass sich Patrick und Martini als Ehepaar ausgeben würden und so beschlagnahmten sie das Elternschlafzimmer im unteren Geschoß für sich.
Wie bei unserem letzten Urlaub in den Center Park, nahm sich Olli ein Einzelzimmer, denn mit seiner Unordnung hatten alle ein Problem. Er quartierte sich also in einem der Einzelzimmer oben ein.
Grit war das einzige Mädchen und bekam somit das Zimmer neben Olli, das auch für eine Person ausgelegt war.
Ich mußte einfach ein Zimmer für mich alleine haben, sonst würde ich durchdrehen. So schleppte ich mein Reisetasche nach oben und bezog das Zimmer mit dem Doppelbett, um die Eltern von Grit und Olli zu sein. Somit würde für Koddi noch immer das Kinderzimmer bleiben, was das größte Zimmer von allen war.
Ich entledigte mich also meiner nassen Klamotten und zog was Trockenes an. Was war ich froh über die Privatssphäre, denn ich hatte damals ein zu großes Schamgefühl. Keiner meiner Freunde hat mich jemals nackt gesehen. Es war nun also an uns zu warten, bis der Indianer abfuhr, um den Kofferraum des Autos leer zu machen und alles ins Haus zu bringen.
Als ich dann runterkam fand ich Koddi, wie er sich eine Zigarette gönnte. Er war klitschnaß.
„Was ist denn passiert“?, fragte ich ihn.
„Ich bin auch in den Pool gesprungen!“
„Warum?“
„Warum nicht?“
Das war eine Antwort, die keine Gegenfragen zu ließ. Er war gesprungen, weil wir gesprungen waren. Warum auch sonst? Um naß zu sein? Wohl kaum.

Draußen wurde derweil der Indianer verabschiedet. Grit umarmte ihren Vater und ging dann ins Haus. Vom Fenster sah ich, wie er ihr besorgt hinterher schaute. Man konnte seine Gedanken regelrecht auf seiner Stirn lesen: „Meine kleine Tochter mit einem Haufen Bagaluten für eine Woche alleine? Sie ist doch erst 15 Jahre alt!“ Und da hatte er definitiv recht.
Grit durfte auch nur aus einem Grund mit: Ihre Mutter und Olli's Vater hatten ein Haus, dass nur 50km von unserem entfernt war angemietet und konnten die Kleine somit jederzeit abholen.
Das kam unserem Plan für die Rückfahrt, der eigentlich gar nicht vorhanden gewesen war, sehr entgegen. Grit würde am vorletzten Tag abgeholt werden und alles, was wir nicht für die Nacht brauchten würde dann mit nach Deutschland fahren. Wir Jungs würden dann mit dem wenigen Restgepäck ganz entspannt einen Tag später fahren.

Der Indianer war also nur noch eine Staubwolke auf dem Feldweg, der zu unserem Haus führte. Koddi nahm als letzter seine Tasche aus dem Hof und ging sich umziehen. Wir anderen begannen nun die Paletten Bier ins Wohnzimmer zu tragen. Eigentlich saß Olli vor dem Fernseher um zu gucken, welche deutschen Programme wir hatten und Grit war in ihrem Zimmer verschwunden.
Auf einem Tisch im Wohnzimmer, der anscheinend nur zur Deko da war, stapelten wir drei also eine Palette auf die andere.
Wir waren nun also da und mich würde keiner mehr da rausholen .. Mir wurde wieder ganz mulmig und ich sagte, ich würde mich nochmal kurz hinhauen, denn ich hatte die Nacht davor kein Auge zugemacht. Das war nicht mal gelogen, nur dass es nicht die Aufregung war, die ich angab, sondern Angst.
Als ich durch den Flur ging, kam mir der trockene Koddi entgegen. Für mich ging es durch die Küche und das Esszimmer in die obere Etage, wo ich dann mein Zimmer betrat.
Koddi's Tasche lag auf der anderen Hälfte meines Ehebettes!! 'Das kann doch nicht wahr sein?', war das einzige, was mir dazu einfiel. Ich war kein geselliger Mensch und ich wollte nicht mit jemandem in einem Zimmer schlafen, aber dann soll ich hier mit dem Idioten in einem Bett schlafen? Niemals!
Ich packte also alle nassen Klamotten zusammen und bezog das Kinderzimmer mit der Hündchentapete und dem Hochbett im unteren Teil des Hauses. Selbst wenn er mir hierher folgen würde und da war ich mir sicher, würden wir hier nicht in einem Bett schlafen müssen. Wie jedes Kind, bezog ich natürlich gleich den oberen Stock des Hochbettes. Im Nachhinein war die Entscheidung das Kinderzimmer zu beziehen eigentlich keine so verkehrte Idee.
Koddi zog wirklich zu mir nach unten und das obere Zimmer blieb leer.

Dänemark hatte nun eine Chaostruppe mehr. Was sollte man in diesem Haus machen?
Man konnte sich nun entscheiden zwischen schwimmen (konnte ich nicht), Billard (hatte ich noch nie eine Partie gewonnen), fernsehen (zum Glück hatten wir wenigstens RTL, Sat.1 und PRO7) und saufen (was mir auch nicht wirklich lag)!

Der erste Abend brachte auch genau das, was ich erwartet hatte...
Saufen! Patrick, Martini, Koddi und Olli pfiffen sich nun ein Bier nach dem anderen rein und ich hatte wirklich die Befürchtung, dass sie ihren Wochenvorrat an zwei Abenden leer machen würden. Für mich war Korn da, den ich absolut nicht leiden konnte, aber für mich nicht so widerlich schmeckte wie Bier. Außerdem drei Flaschen grüne Banane. Das ist ein Likör, den man mit Milch trinkt und es dann schmeckt wie Bananenmilch. Wie hat Patrick das immer so schön erklärt: „Man trinkt etwas, dass nach Bananenmilch trinkt und kriegt davon auch nur zwei Gläser runter, weil Milch natürlich stopft ohne Ende und wenn man dann aufsteht, merkt man, dass man total voll ist!“
Solange es nicht nach Alkohol schmeckte, kam mir das sehr gelegen. Ich schaffte es einfach nicht soetwas runterzubekommen und kann das bis heute nicht.
Allerdings mußte ich mir einfach einen reinknallen.
Wir hörten eine Menge HipHop, der damals noch nicht so berühmt war wie heute, also standen Patrick und Martini da total drauf (und Koddi somit auch). Patrick zündete eine Menge Teelichter an, die er mitgebracht hatte, denn er legte immer viel Wert auf Atmosphäre. Der Abend nahm also seinen Lauf und alle unterhielten sich darüber, was in den nächsten Tagen denn noch so tolles passieren würde. Ich hielt mich zurück, denn nach Reden ist mir selten. Ich trank meine Milch und merkte, dass mir immer wärmer wurde und alles war einfach zu ertragen.
Irgendwann fiel mir auf, dass Patrick viel mehr trank als die anderen. Er war auch schon damit zugange sich meinen Korn reinzuschütten, während die anderen weiter bei Bier blieben. Er wurde immer aggressiver und ich machte mir langsam ein wenig Sorgen, denn er hatte uns schon seit Wochen Geschichten erzählt, die ihm passiert waren, wenn er betrunken war.
Er erzählte, er würde nachts manchmal irgendwo wieder zu sich kommen und kein T-Shirt mehr tragen. Einmal sei er sogar im Wald wieder zu sich gekommen und hatte Blut an seinem nackten Oberkörper kleben, Natürlich haben wir uns über ihn lustig gemacht, soweit wir es wagten, doch man hat richtig gespürt, dass in jedem von uns Zweifel aufstiegen. Was ist, wenn er wirklich eine psychische Störung oder sowas hatte?
Eine Woche, bevor wir unsere Reise antraten, rief er Olli auf der Arbeit an (der arbeitete in einem Restaurant als Kochlehrling) und bat ihn ihm ein rohes Stück Fleisch vorbeizubringen. Martini rief er auch an und bat ihn ihm irgendwie zu helfen, denn er fühle sich nicht so gut. Als Olli dann nach Feierabend mit dem Stück Lamm kam, holte Patrick aus der Küche Messer und Gabel und fing an das rohe Stück Fleisch zu essen. Martini und Olli erzählten voller Abscheu davon und Martini hat tatsächlich auch ein Stück in den Mund genommen und sich beinahe übergeben. Patrick hingegen aß es zu einem Viertel auf, dann schien er Angst vor sich selbst zu bekommen und schickte seinen Besuch nach Hause. Er bat sie das Fleisch mitzunehmen, damit er nicht in Versuchung geraten würde.

Nun saß ich also gegenüber von einem Menschen, der eine animalische Seite hatte, die bevorzugt dann rauskam, wenn er was getrunken hatte. Ich war schon gewillt ins Bett zu gehen, denn meinen Nachmittagsschlaf hatte ich dann doch nicht gemacht, als er plötzlich aufstand und offensichtlich ins Bad ging.
Ich beschloß zu warten, denn ich hatte ernsthaft keine Lust ihm in diesem Zustand im dunklen Flur zu begegnen. Also wartete ich. Er kam nach 10 Minuten wieder und hatte sein Hemd ausgezogen. Auf seiner weißen Brust und seiner Schulter prangten große weiße Pflaster, die er noch von einer Operation hatte, die nur ein paar Tage zurücklag. Er hatte am Körper starke Akne und geschwülstige Auswüchse, die entfernt wurden.
Er schlenderte apathisch durch das Wohnzimmer und hockte sich dann auf den Billardtisch, wo er uns einfach nur anstierte. Martini versuchte als erster ihn anzusprechen, doch er gab keine Reaktion von sich. Olli hampelte vor ihm rum und schnitt Grimassen, bei denen man einfach nicht anders konnte als zu lachen. Nichts!

Er saß einfach nur da und stierte. Bis wir schließlich alle ins Bett gingen. Martini entschied sich dazu bei uns zu schlafen, auch wenn er meinte er hätte keine Angst, sondern wäre bloß sauer, dass Patrick so einen Mist abzieht. Wir drei lagen noch lange wach und ich wußte genau, dass Olli sein Zimmer abgeschlossen hatte.
Wir hatten wirklich Angst!

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