Zauber
Eine ganze Woche bin ich den einen Abend mit J. in Gedanken wieder und wieder durchgegangen. Auch habe ich mich an andere Momente mit ihm erinnert. Es gibt eine Fülle von glücklichen und wunderbar erlebten Augenblicken.
Natürlich war unser Verhältnis in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehr als angespannt. Wenn wir sind uns hin und wieder über den Weg gelaufen sind, gab es selten mehr als ein kurzes „Hallo“. Der Zauber war einfach verflogen.
Vor allem war ich wütend, weniger traurig, wütend, auf die ganze Situation. Weil alles sich anders entwickelt hatte, als wir es wollten und wir, bzw ich, es auch noch zugelassen habe(n). Und dann war ich nicht mal mehr wütend.
Erst im letzten Sommer, als ich meinen Umzug plante, sind wir uns auf freundschaftlicher Ebene wieder näher gekommen. Es war ein Abschied und für mich war es der Endpunkt der Liebe, die mein Leben auf den Kopf gestellt hat und die ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben wird.
In den letzten Monaten gab es Momente, in denen ich an ihn gedacht habe, nur flüchtig.
Das wir uns so schnell wiedersehen, und dass zwischen uns dieser besondere Zauber plötzlich wieder auftaucht, davon wurde ich völlig überrumpelt. Wir waren beide entsetzlich nervös, benahmen uns auch etwas schräg und mein Herz hat seinen Schlagtakt verdoppelt. Ihm erging es ähnlich.
Im Zusammensein mit J. hatte ich oft das Gefühl ihm nicht gewachsen zu sein. Manchmal war er zu viel von allem für mich. Das war mein Empfinden, nie seins. Er hat mir nie dieses Gefühl gegeben. Für ihn begegneten wir uns auf Augenhöhe. Im Nachinein weiß ich, dass es falsch war mit ihm nicht darüber zu reden. Ich habe die Jahre gebraucht, um das zu begreifen.
Vielleicht müssen wir diesen Umweg gehen. Vielleicht war es auch nur ein einmaliges Wiederaufleben einer (trotz allen Schwierigkeiten) fantastischen Zeit. Die Zeit wird es zeigen.

Das Leben ist voller Überraschungen,
es ist nicht immer edel oder erhaben,
manchmal ist es absurd,
aber es gibt immer eine Hoffnung.

Graham Greene