Wenn ich Dich so in meinen Händen halte bekomme ich Gänsehaut. Es ist irgendwie eigenartig wenn man Dich so betrachtet und genau weiß, was in Dir geschrieben steht ... wo wird wohl das erste Mal das Rauschen Deiner Blätter durch mich unterbunden werden? Was werde ich da zu lesen bekommen? Ein guter Tag mit einem schönen Eintrag? Ein schlechter, in dem jeder Buchstabe meines Eintrags die Tiefe Trauer in mir zum Ausdruck bringt?

Ich werde heute wohl keinen Blick mehr riskieren. Verzeih. Es ist schon spät und ich möchte mich nachher nicht mit schlechten Gedanken niederlegen. Aber morgen, das verspreche ich Dir, werde ich einen ersten Blick in Dich werfen. Am besten schon gleich am Morgen. Vielleicht kann der Tag mich dann, wenn es denn erforderlich sein sollte, wieder etwas ablenken.

Hattest Du eigentlich auch eine so beschwerliche Anreise? Alleine mit Geschichten davon könnte ich Dutzende Deiner Blätter füllen. Aber das langweilt Dich sicherlich. Ist ja am Ende auch alles gut gegangen. Aber fast 24 Stunden fahren ist nicht so ohne. Aber ... ich wollte es ja so. Zunächst. Jetzt denke ich anders darüber.

Aber sag mir, guter Freund, welche Wahl hatte ich denn? Bei all den Sorgen und Problemen, die mich bewegen und gar quälen, hätte ich daheim in meiner gewohnten Umgebung bleiben sollen? Sollte ich es zulassen, dass mich mein Leben schneller tötet als ich ohnehin still und heimlich vor mich hinsterbe? Ich weiß, dass Du das nicht hören und schon gar nicht in Dir geschrieben haben willst. Aber ich will ehrlich zu Dir und mir sein. Und das eigentlich das erste Mal in meinem Leben ...

Eigentlich schon komisch. Da fährt man fast einen ganzen Tag lang in Richtung Westen und steht auf ein Mal an einem großen Meer ... eigentlich eine schöne Gegend. Nur nicht zu dieser Jahreszeit. Schön, dass wir uns hier am Kamin ein wenig zusammensetzen können. Das Haus hier ist so groß und so leer ... die Heizkörper schaffen es noch nicht ein Mal eine zumindest einigermaßen wohlige Wärme zu bereiten. Zumindest nicht hier im Erdgeschoss. Im oberen Geschoss ist es im Gegenzug brütend warm.

Ich könnte dem Kaminfeuer stundenlang zusehen. Du nicht auch?

Aber zumindest können die hier gute Weine basteln. Aber leider haben die hier so kleine Flaschen ... oder Dein Glas zu groß? Trink bitte nicht alles auf ein Mal weg. Wir haben hier noch einige Tage gemeinsam zu verbringen. Ich freue mich schon auf morgen Abend. Sitzen wir dann wieder gemeinsam am Kaminfeuer?

Ach, mein Bester, ich bin froh, dass ich Dich habe. Du bist wohl der einzige auf der Welt, der sich nicht von mir abgewandt hat. Schön, dass Du hier bist. Und sei so gut: Wenn Du was zu sagen hast, dann sprich bitte frei raus mit mir. Ich will wissen, was Du denkst! Über die Situation, das Leben, mein Leben ... einfach alles.

So, nun lass mich noch ein wenig Näher an Deine Seite. Sollte ich hier jetzt einschlafen, wachst Du dann über meinen Schlaf? Das wäre nett von Dir ...