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Friday, 19. April 2024
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 1945-06-30 hh:mm
Sonnabend, den 30.6. (1.7. ges...
Sonnabend, den 30.6. (1.7. geschrieben)
Da wir während der Woche in strömendem Regen gearbeitet hatten, nahmen wir uns den Nachmittag frei. Allerdings musste so um ½ 1 Uhr noch dies und das erledigt werden, so dass wir viel später erst entlassen wurden. Als ich mich von Frau Gausknecht verabschiedete, kam ein junges Rüsslein per Rad an und rief „Guten Tag, guten Tag!“ Wir guckten und nickten zurück, dann gingen wir unserer Wege. An der Ecke zur Pappel pfiff es plötzlich hinter mir, wohl als Klingelersatz. Ich trat zur Seite und erblickte den Jungen wieder. Er schaute mich strahlend an und fuhr langsam weiter. An der Pappel überlegte ich. Da er geradeaus gefahren war, bog ich ruhig links ab, doch ging nur langsam weiter. Falls er umdrehen und mich wieder überholen wollte, könnte ich dann noch in den Lindenweg einbiegen, um ihn irre zu führen. Doch da wurde meine Aufmerksamkeit abgelenkt. „So langsam“ rief mir eine Gestalt zu, die von Bauers kam. Ich erkannte überrascht Mutti. „Ich weiß nicht, ob Du nach Hause gehen sollst“. Nanu, ich guckte verwundert. Da sitzt einer und brütet Rache. „Wer, der Iwan?“ „Na, wer!!“ „Ach, Nikolai!“ Der war vor ca. 1 Std. aufgetaucht. Als Mutti ihm öffnete, fiel ihr sein zerknittertes Gesicht auf, das viele Sorgen verriet. Er fragte nach mir, wartete dann bei Papi im Zimmer. Ein Gespräch kam nicht in Gang. Dann quälten sie sich mit einer Schachpartie herum. Jedes mal, wenn Mutti durch den Flur ging, fuhr er herum. Dann saßen die Männer und sahen nach der Uhr. Kalt sei es heute – Ja, heute sei es kalt. Schweigen. Schließlich stand P. auf, ging in den Keller, wo er die Räder holte. „Rama!“ Mutti kam dazu und zeigte den Rahmen. Nun bastelte er tief gebeugt darüber herum. Mutti ging und holte die Schrauben, stellte sie auf den Tisch. Er sah nicht auf. – Ich glaube, er hat sie nicht gesehen! – Mutti rüttelte sie. Da nickte er wieder ohne hochzusehen. Sie hatten beide den Eindruck, dass ihm das Weinen sehr nahe war und er tat ihnen, besonders Papi, sehr leid. Papi hatte es ja gemerkt, wie erregt P. war, nicht nur daran, dass er mit den Fingern auf dem Tisch trommelte. Mutti aber glaubte vielleicht hat Frau Bauer auch P’s Besuch gehabt und mich zurück gehalten, sie dachte hin und her und kam zu dem Entschluss, dass ich jedenfalls vorbereitet sein müsse. So lief sie zu Bauers, bei denen P. übrigens nicht war und als sie herauskam sah sie mich. So brauchte mir nicht Frau Lauer bescheid zu sagen. Nun, ich mag ja am liebsten alles von Mann zu Mann abmachen. So gingen wir klopfenden Herzens heim. Papi stand in der Küchentür. „Er ist weg, ja“ Als er loszog, nachdem er noch den Sattel einfach raus gesteckt hatte, rollte ihm das Vorderrad gleich davon. Da fiel Mutti ein, dass sie ihm ja den Schlüssel nicht gegeben hatte. Eine ungewollte Unfreundlichkeit. Aber fahren konnte er ja sowieso so nicht damit, da der eine Schlauch ja am Sonntag mit den 2 Nikolais schon gebraucht worden war. Dadurch, dass wir im Keller waren, musste N. P. ja erst zeigen, wo die Köder liegen. Nun, dies war kein guter Abgang, lieber Parschin.

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