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2006-08-21 16:21
Recht auf Unsicherheit (3)
Ich muß zwar aufpassen, daß ich mich nicht dabei verzettele, wenn ich mich an dieser offenbar dem totalen Wahnsinn freigegebenen Welt maßlos reibe. Aber es gibt Dinge, die kann ich nicht kommentarlos an mir vorbeiziehen lassen.

Ohnedies bin ich zu der festen Überzeugung gelangt, daß die "innere" Auseinandersetzung mit sich die "äußere" nicht ersetzen kann. Es gilt sicher der Satz: "Was nützet es mir, wenn ich die Welt gewönne, meine Seele dabei aber Schaden nimmt." Andererseits gilt aber auch: Was nutzt mir die "Persönliche Erleuchtung" (ha, ha), wenn ich nichts von dem kapiere, was um mich herum geschieht.

Dann ist die "Persönliche Erleuchtung" nichts anderes als eine Flucht vor der Welt, ein Einigeln, ein Verkriechen vor den leider immer grausiger werdenden Tatsachen. Ich kann nicht zufrieden sein, wenn ich mich immer besser verstehe, wenn ich neue Aufschlüsse über mich bekomme (wie beim Neid z. B.), wenn sich gleichzeitig um mich herum eine Welt etabliert, deren Lügendickichte immer dichter werden, deren gieriger Arm immer mehr an mir herumgrabscht, die mich und meine ganz natürlichen Rechte immer weiter beschneidet, um mich irgendwann ausgepumpt und ausgeblutet in irgendeine Ecke zu werfen.

Zu martialisch ausgedrückt? Wir leben doch nicht mehr in solch "schlimmen Zeiten". Oder etwa doch? Nein, noch nicht, noch sind die Zeiten nicht "so schlimm". Aber es melde sich bitte der- oder diejenige bei mir, der/die das ablaufende Drehbuch nicht durchschauen kann. Ich weiß, offenbar schützt nicht einmal die größte Intelligenz die Menschen davor, sich dem Zeitgeist anzuschließen und im Chor der Kriegstreiber und "Terrorbekämpfer" mitzusingen. Sie sind froh, wenn sie tagtäglich die "Wahrheit" serviert bekommen, ein bißchen vom trübseeligen Alltag abgelenkt werden und ansonsten ihre Ruhe haben.

Ich bin damit aber nicht einverstanden. Ich sage, daß hier etwas abläuft, daß sich problemlos mit den Anfängen des 20. Jahrhunderts messen lassen kann. Das ist auch das, was mich so konsternieren läßt, was mich dazu bringt, mit dem Gefühl zu schreiben, mich praktisch nur noch an zukünftige Menschen wenden zu können, die irgendwann mal vielleicht fragen werden: "Warum habt ihr das alles mit euch machen lassen? Warum habt ihr das alles zugelassen? Wie konnte das schon wieder geschehen?"

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Hier, bitte schön, hier bin ich, und ich wehre mich. Zum Beispiel gegen das http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2006/08/Statement__Kofferfunde.html. Für mich ist das alles hanebüchener Blödsinn. Nein, es ist kein Blödsinn, es ist gefährlich, weit gefährlicher als alle Terroristen dieser Welt. Es ist das, wovor uns unsere Eltern immer gewarnt haben. Das, wogegen Generationen gekämpft haben, auf die Straße gegangen sind, gebrüllt und Steine geworfen haben.

Und sie wußten auch, warum sie das taten. Das ist offenbar dann auch der Unterschied zur heutigen Zeit: heute weiß wohl keiner mehr, warum er noch irgendwas tut. "Ihr wollt uns total überwachen? Na gut, ist ja gegen diesen Terror, ist oki, find ich gut. Kann ich jetzt weitertelefonieren?" So oder so ähnlich stelle ich mir das vor.

Ich kann gar nicht sagen, wie mich das alles anwidert. Null Gegenwehr, Ausverkauf. Deutschland im Ausverkauf. Daran hat man sich ja eh schon gewöhnt. Der Staat, die Länder und Kommunen verkaufen im Schuldensumpf erstickend ihr "Tafelsilber", nein, sie verhökern es. Und zwar an "private Investoren", oftmals stillschweigend begleitend mit einer Renditegarantie (wie ich kürzlich im WASG-Parteiprogramm las), und der Bürger zahlt. Und zahlt und zahlt. Der ist ja noch nicht so verschuldet. – Ist er das wirklich nicht?

Daß es sich bei all diesen "privaten Investoren" lediglich um private Käufer handelt, und daß dies eigentlich üble Spekulanten auf Renditerekordjagd sind, das wird erst gar nicht mehr getippt oder gar gesehen. Außer hier bei mir versteht sich. Und in ein paar anderen Internetnischen. Der Rest ist offenbar mit "Wichtigerem" beschäftigt.

Deutschland im Ausverkauf. Jetzt nicht mehr nur das "Immobile", sondern jetzt kommen auch noch die geistigen Errungenschaften der Bundesrepublik (z. B. der "Rheinische Kapitalismus", der ja auch schon verkauft worden ist) unter den Hammer und werden zu Schleuderpreisen verjubelt.

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„Sicherheit“ wäre also angeblich mein "höchstes Gut", behaupten die Menschen, die derzeit schlimme Weichenstellungen vornehmen. Ich sage dagegen: "Nein, Sicherheit ist nicht mein höchstes Gut. Ich bin an Sicherheit nicht interessiert!. Was mich interessiert, das sind Freiheit, Gleichheit und na ja. Freiheit aber vor allen Dingen. Freiheit ist mein höchstes Gut.“

Dazu gehören für mich insbesondere die Freiheit vor Schnüffeleien, die Freiheit des Ausdrückens einer gegenteiligen Meinung und die Freiheit, selbst darüber zu entscheiden, wie sicher ich mich fühle.

Ich habe ein Recht auf Unsicherheit!

Aber siehe da: meine Freiheiten werden systematisch und immer massiver beschnitten, Schnüffeleien weiten sich immer weiter aus, der Staat mutiert in seiner Anti-Terrorismusmanie zum totalen Überwachsungsstaat (vor Jahren noch undenkbar!), und alle machen mit! Alle!

Es bleibt kein anderer Schluß übrig als einzusehen, daß praktisch alles, wofür in der ersten (und in vielen totalitären Staaten wie DDR usw. auch in der zweiten) Hälfte des letzten Jahrhunderts Menschen millionenfach gelitten haben und gestorben sind, heute leichtsinnig und willfährig durch den Schlot gejagt wird. Nein, die Kriegstoten sind damals nicht für Freiheit und Bürgerrechte gestorben, das nicht. Sie sind für ein falsches Ideal gestorben, leider. Aber daraus hatte die junge Republik etwas gelernt. Sie hat gelernt: Wehret den Anfängen. Und man sollte meinen, es dürfte eigentlich nie wieder geschehen. Nun tut es das trotzdem, und siebzig Millionen Verstorbener schauen der Wiederholung der Tragödie ungläubig aus ihren Gräbern zu.

Deutschland und die Welt (mal wieder) auf dem Wege in die Totalität, und die Demokratie hat versagt bzw. stellt sich nun endgültig als eine Chimäre heraus. Nun denn, dann erlasst es endlich, euer "Terrorismusbekämpfungs- ergänzungsgesetz". Allein dieses zauberhaft lange deutsche Substantivadditionswort ist es doch schon wert, daß ein Gesetz draus wird. Und man hört nicht auf darüber zu staunen, wofür auf einmal alles genügend Geld vorhanden ist.

Michael

Kommentare

21:58 22.08.2006
hmja - finde ich eigentlich auch.
übrigens, kleiner einwurf zur geschichte:
der nahe osten als krisengebiet...seit etwa dreitausend jahren, fast ununterbrochen...
nur, um es ein bisschen zu differenzieren:
1. jemanden, der mit seinem leben glücklich und zufrieden ist, kann
auch die ärgste ideologie nicht zum selbstmord-bomber machen.
2. wenn ein system, das sich betont andere werte auf die fahnen
geschrieben hat, beginnt, sich in seinem verhalten diesen ideologien
anzunähern - dann ist das schon bedenklich...
plötzlich sind wir nicht mehr "der souverän" - sondern allesamt
verdächtige. und nicht nur in dieser hinsicht :
obendrein potentielle steuer- und hartz IV - betrüger.
( bürger oberhalb eines gewissen jahreseinkommens fallen
natürlich nicht unter diese klassifizierung - wie gerade gelesen,
ist man auch amtlicherseits garnicht wirklich in der lage,
diese zu kontrollieren... )
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22:04 21.08.2006
Hallo Stephan,
ich finde, Du hast dich prima ausgekotzt.
Grüße, MI
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unbekannt
21:29 21.08.2006
Im Prinzip hast du ja recht und ich stimme dir auch zu, aber wenn ich sehe, was in England und Spanien abgelaufen ist, und wenn ich sehe, dass es hier in Deutschland auch beinahe einen geglückten Terroranschlag - und sorry, aber das war ein Terroranschlag oder wie will man es nennen, wenn Menschen wie du und ich in den Tot gebombt werden sollen? - gegeben hätte, komme ich doch ins Grübeln. Natürlich gibt es die absolute Sicherheit nicht, kann es gar nicht geben und muss es auch gar nicht geben. Wir leben leider in einer Zeit der Angst. Angst vor Terror, Angst vor der Politik und Angst vor Krieg. Ich finde das auch nicht gut.

Ich habe immer meine ganz eigene Sichtweise auf die Dinge.
Ich kann mit keiner Partei hier in Deutschland etwas anfangen. Ich betone, mit keiner, denn wenn eine Partei erstmal an der Macht ist, läuft doch immer der selbe Mist ab. Zwar auf unterschiedliche Weise, aber das Ergebnis bleibt gleich. Das beste Beispiel ist die PDS in Berlin. Aber da lasse ich mich jetzt nicht zu aus.

Und wenn ich mich schon am auskotzen bin: Der Nahostkonfikt - der jetzt seit wievielen Jahrzehnten besteht? - geht mir tierisch auf die Nerven. Langsam komme ich zu dem Schluss, dass man das ganze Gebiet dieser Terrorstaaten wie Israel, Libanon, Syrien, Iran und wie sie nicht alle heißen, absperren sollte und die ihr Ding machen lässt. Mir tut natürlich die Menschen Leid, die soviel Elend und Terror ertragen muss, aber wenn die Belvölkerung nichts gegen ihre Regierungen und Gruppierungen unternehmen, weil sie die Scheiße langsam leid ist, weil sie nicht mehr in Angst und Schrecken leben will, kann ich nur sagen, selbst schuld. Und wenn die Armeen und deren Soldaten wie dumme hirnlose Idioten immer genau das machen was die Machthaber Befehlen habe ich kein Mitleid mit denen. Es gibt Beispiele, wo eine Armee die Befehle verweigert hat und wo die Bevölkerung rebelliert hat. Wie heißt es so schön: Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin.
Sorry, ich weiß das es Radikal klingt, aber wenn der Konflikt durch die Einmischung von uns und der 'westlichen Welt' bis zu uns ins eigene Land getragen wird, hört es bei mir auf. Ich habe einfach keine Lust in Angst vor Bomben zu leben., leben zu müssen.
So genug gekotzt.
Gruß Stephan


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2006-08-21 16:21