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2011-01-01 12:58
Neujahrsgrüße
Das letzte Telefonat im alten Jahr führte ich mit meiner Ma gestern Nachmittag. Der letzte Anruf, den ich nicht entgegennahm, kam von dem Typen von letzter Woche. Kurze Zeit später schickte er mir meine letzte SMS im alten Jahr. Er würde sich freuen, bald noch mal von mir zu hören und wünsche mir alles erdenklich Gute für das neue Jahr. Hm. Ich kann also wohl davon ausgehen, doch wenigstens ein bisschen Eindruck hinterlassen zu haben. Was ich davon halten will, weiß ich noch nicht. Die letzen MSN-Nachrichten tauschte ich mit dem Ding aus. Er war auch zu Hause geblieben. Hätte man das früher gewusst, hätte man vielleichten mal überlegen können, ob man nicht doch etwas zusammen unternimmt, aber andererseits habe ich mich so auf meinen Abend alleine gefreut und ich glaube, es war auch ganz gut so, dass ich den Abend nur mit mir verbrachte.

Das alte Jahr schloss ich mit einem gründlichen Wohnungsputz ab. Kein alter Dreck im neuen Jahr. Ebenso gründlich widmete ich mich meiner Körperpflege. Ins Jahr bin ich dennoch mit ein paar Pannen und Schrammen gewechselt. Irgendetwas scheint mit meiner Haut gerade tatsächlich nicht in Ordnung zu sein. Während des Telefonats mit meiner Ma kratze ich mich am Dekolleté, meiner Meinung nach nicht mal sonderlich stark und nun habe ich dort seit gestern sechs striemige Kratzer. Sieht aus, als hätte ich mit einer Katze gekämpft oder dergleichen. Außerdem bin ich zu dämlich für die Benutzung eines Lockenstabes und hab mich mal noch zünftig verbrannt gestern. An der Schläfe über dem linken Auge. Aber ich nehme es mit Humor und freue mich darüber, kein durch und durch aufgetusstes Girlie-Girl und daher ungeübt im Umgang mit Lockenstab und Glätteisen zu sein.

Die ersten Neujahrswünsche bekam ich direkt nach zwölf via MSN vom Ding. Das erste Telefonat im neuen Jahr führte mit meinen Eltern. Die erste SMS im neuen Jahr bekam ich von der lesbischen Transfrau, mit der ich mich Anfang September einmal getroffen hatte. Damit hatte ich ja nun gar nicht gerechnet. Und bei diesen Neujahrsgrüßen blieb es dann bis jetzt auch.

Ich frage mich: Sollte mir das etwas sagen? Sagt es etwas über mich aus, die Art und Weise, wie ich den Abend verbrachte, die Kontakte, die ich um den Jahreswechsel herum hatte? Meinen Leuten aus dem richtigen Leben muss ich zu Gute halten, dass sie alle mit den Weihnachtsgrüßen auch schon Neujahrsgrüße sandten. Und da ich meine Weihnachtsgrüße eigentlich immer an Heiligabend schreibe, kamen die meisten mir sogar mit ihren Grüßen zuvor in den Tagen vor Weihnachten. Ich darf also davon ausgehen, von den Leuten aus meinen richtigen Leben jenseits des Internets nicht völlig vergessen worden zu sein. Und sie halten es wahrscheinlich genauso wie ich und sehen es als überflüssig an, noch mal zu Silvester/Neujahr zu schreiben, wenn alles, was man zu sagen hat, schon an Weihnachten gesagt wurde.

Ich frage mich, ob es mich juckt, dass ich um den Jahreswechsel herum nur mit meinen Eltern und so halben Internetbekanntschaften zu tun hatte. Wobei ich ja alle drei auch im echten Leben kennen gelernt habe und sie da irgendwie so ein Zwischending sind.

Ich glaube, es stört mich weniger, dass es mit den Leuten aus meinen richtigen Leben, die es gibt, so ist, wie es ist. Ich habe mich im letzten Jahr bewusst von ihnen distanziert. Es ist nicht so, dass ich keine Kontakte, Freundschaften im echten Leben mehr haben will. Es ist vielmehr so, dass ich mit denen, die es gibt, nicht mehr viel anfangen kann. Ganz besonders und allen voran mit den Mädels, mit denen ich das Abitur gemacht habe. Dass da keine gemeinsame Basis mehr ist, das beschäftigte mich im letzten Jahr immer mal wieder. Einmal sprach ich es ihnen gegenüber sogar konkret an, dass ich darüber nachdenke, ob das, was wir da haben, noch Freundschaft zu nennen ist und ob es sich lohnt, das fortzuführen. Alle beide waren sie von meinen Worten sehr betroffen und wahrscheinlich hab ich damit schon damals so was in der Art wie den Todesstoß für unseren Kontakt gegeben.

Am Montag habe ich sie noch mal getroffen, alle beide zusammen. Nur kurz, nicht mal für eine Stunde. Ich war erst beim Friseur und tat dann so, als müsse ich unter allen Umständen zum Mittagessen wieder zu Hause sein. Aber ehrlich gesagt war ich echt froh darüber, in der einen Stunde ständig auf die Uhr schauen zu dürfen. Ich war ganz froh darüber, dass wir uns zu dritt trafen, weil Treffen zu dritt oft keine allzu tiefgründigen Gespräche möglich machen. Ich war ganz froh darum, das Treffen mit ihnen beiden für die nächsten drei Monate in einer kurzen Stunde mal wieder abgehakt zu haben. Kurzer Austausch von Neuigkeiten. Mehr aus ihrem denn aus meinem Leben. Kurzer Weihnachtsbericht. Das war’s.

Und es war gut so. Ich habe zunehmend weniger Lust ihnen oder besonders einer von ihnen private Dinge von mir zu erzählen. Ich gebe es zu, ja, ihr, dieser einen, habe ich noch immer nicht ihren Kommentar vom Sommer über den Musiker verziehen. „Wieder ein Kerl aus dem Internet oder mal was Richtiges.“ Zweifel kann man auch deutlich taktvoller formulieren. Aber daran zeigt sich nur, wie fremd ihr mein Leben eigentlich ist. Am Montag sah man es im Kleinen, in ganz Kleinen, auch. An meinem Handy hängt ein Glöckchen, das Glöckchen ist der Kopf von Jack Skellington aus „A Nightmare before Christmas“. Ich persönlich finde das ja ziemlich genial. Ihr Kommentar dazu war: „Und das hast du dir freiwillig gekauft?“ Ja, natürlich, die Geschmäcker sind verschieden. Aber der Ton macht die Musik. Ich sage ihr auch nicht, dass ihre Art zu leben für mich die größte Albtraumvorstellung ever ist. Wenn das, was sie lebt, die so genannte „Normalität“ sein soll, dann will ich gar nicht mehr normal sein.

Im März zieht sie um. Mit ihrem Freund. In die Einliegerwohnung im Haus der Eltern ihres Freundes. Irgendwohin aufs Land, ins letzte Kuhkaff. Ich persönlich bin manchmal schon angespannt, wenn ich alleine bei meinen eigenen Eltern bin, einen Mann mit zu ihnen zu nehmen kann ich mir gar nicht vorstellen und die Male, zu denen ich die Familie eines Mannes kennen lernte, fand ich auch nicht so entspannend. Mit den Schwiegereltern in spe direkt vor der Haustüre zu leben und nicht nur das, sondern auch noch in ihrem Eigentum zu leben, das ist für mich eine Horrorvorstellung. Da kann man mir noch so viele Quadratmeter zum reinen Nebenkostenpreis anbieten, das würde ich nie im Leben tun. Aber wenn es ihr Ding ist, warum nicht. Sie muss ja glücklich werden. Aber ich kommentiere ihre Pläne nicht mit einem: „Und das machst du echt freiwillig?“

Und nein, ich beneide sie nicht darum. Ich beneide sie vielleicht manchmal um die Stabilität ihrer Beziehung. Sechs oder sieben Jahre oder so ist sie jetzt mit ihrem Freund zusammen. Aber um ihre Lebensumstände beneide ich sie kein Stück. Das wäre absolut nicht mein Ding.

Ich überlege schon, ob ich mich nicht im März um ihre Geburtstagsfeier drücken kann. Meine Ma feiert ihren Geburtstag erst im März, eine Ausrede hätte ich also auf jeden Fall. Irgendwie habe ich keine Lust, den weiten Weg in das Kuhkaff auf mich zu nehmen und mich dann da doch nur zu fragen, warum ich überhaupt gefahren bin. Ihr Freundeskreis ist mir ebenso fremd. Das einzige Vergnügen bestand in den letzten Jahren für mich lediglich darin, mich darüber zu amüsieren, wie gleich diese Pärchen alle sind. In meinen Augen lebt sie ein Leben gefangen im Mainstream-Albtraum.

So oder so, wir beide kommen wohl in nächster Zeit nicht mehr auf einen Nenner. Sie hätte ebenso wenig Verständnis für meine aktuellen Pläne. Warum also dann davon erzählen, wenn man im besten Fall doch nur einen verständnislosen Blick dafür bekommt oder gar einen blöden Kommentar.

Bei meinen anderen Leuten stelle ich ähnliche Entwicklungen fest. Nicht so extrem wie bei dieser einen Freundin, aber tendenziell ähnlich. Und irgendwie bin ich froh, wenn ich sie alle da so wenig wie möglich sehen muss. Ja, irgendwie ist es im Moment so, dass Treffen für mich ein „Muss“ sind.

Ich brauche neue Leute im echten Leben, so viel steht fest. Irgendwo sollten sie herkommen, im neuen Jahr. Am besten vielleicht mit einem Umzug, bei dem man alte Kontakte langsam kappen könnte ohne jemandem vor den Kopf zu stoßen. Ich halte nicht viel von Neujahrsvorsätzen, aber das wäre mal ein Ziel, was man sich für das neue Jahr setzen könnte. Sich mehr „echte“ Kontakte zu suchen, denen man auch wirklich noch was zu sagen hat.

Na ja, wie dem auch sei, ich wünsche euch allen alles Gute für das kommende Jahr.

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