Wenn ich mich auf der Arbeit umsehe, laufen einige Leute mit langen Haaren rum. So wie mein Chef. Er sieht nicht ein, daß er aus zwei Listen eine macht, weil er sonst durcheinander kommt. Außerdem hat er sich am Wochenende mit einem Vorgang für die Türkei abgemüht und das hat gereicht. Es zwingt ihn niemand dazu, das so zu machen, wie man es ihm vorschlägt. Was das angeht, arbeitet nun mal jeder unterschiedlich. Ich habe mich am Anfang auch schwer getan, zwei Scheine als einen zu behandeln. Mir hat es nicht geschadet, denn gestorben bin ich nicht. Daß es umständlich ist, die Positionen zu kontrollieren, versteht sich von selbst, aber wenn man sich darauf konzentriert, ist das alles kein Hexenwerk. So sehe ich das. Gerade in dieser Woche tut sich mein Chef schwer, am Schreibtisch sitzen zu bleinen und zu arbeiten. Heute mußte er unbedingt von seinem Urlaub in Dubai berichten. Geschichten, die ich nicht mehr hören kann und die mir langsam zum Hals raus hängen. Wenn man es einmal erzählt, geht es ja noch, aber irgendwann wird es echt langweilig. Würden alle ausgiebig von ihrem Urlaub erzählen, versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Und da verstehe ich Ekel Alfred nicht. Mir verpaßt er einen Einlauf, weil ich ihn seiner Meinung nach nicht genug unterstütze. Aber wenn sein Vorgesetzter den ganzen Tag unterwegs ist, kriegt er die Kauleiste nicht auseinander. Da könnte er auch mal einen Ton sagen. Ich kann mir vorstellen, warum er das nicht macht: damit er seinen Frust wieder an mir ausläßt. Ich sehe es schon kommen: wenn Chef Ende Mai Urlaub hat, stehe ich ganz bestimmt unter Beobachtung.

Gestern durfte ich mich über A. wundern. Sie mußte natürlich anrufen, weil sie wissen wollte, wann ich Feierabend mache. An diese Tatsache habe ich mich schon längst gewöhnt. Doch dann kam die Aussage, die ich noch immer nicht verstehe: sie war ganz erstaunt, daß ich da bin. Wo soll ich an einem ganz normalen Wochentag auch sein? Ich würde auch gern nach New York fliegen und shoppen. Ich habe ihr erzählt, daß ich die Woche nach Ostern Urlaub habe. Das habe ich garantiert nicht erzählt. Sie hat mich ganz bestimmt mit Ekel Alfred verwechselt. Wir sehen uns ja auch so ähnlich. Kleiner Scherz am Rande. Jetzt mal ehrlich: ist es meine Pflicht, sie jeden Tag anzurufen und ihr zu sagen, wann ich Feierabend mache? Ganz bestimmt nicht. Dennoch habe ich ihr heute den Wind aus den Segeln genommen und habe ihr gesagt, daß sie sowohl heute als auch morgen nicht anrufen braucht, ich habe Termine. Wie es am Freitag aussieht, kann ich nicht sagen. Ich mache am Freitag Vertretung und wenn viel zu tun ist, kann ich auch da keine Rücksicht darauf nehmen, wann A. Feierabend macht. Es kommt num mal vor, daß ich nicht einfach so den Stift fallen lasse, nur weil es vielleicht so verabredet war. Ich weiß doch nicht um 10.15 Uhr, wie viel noch zu tun ist und wie schnell ich mit der Arbeit fertig bin. Das kann man doch wohl verstehen, oder? Anscheinend nicht. Auffälliger geht es kaum noch. Ich gehe nicht ans Telefon, wenn A. anruft und auch sonst ziehe ich es vor, meinen Feierabend in Ruhe zu genießen. So ist das. Ich habe es nicht gerade leicht.