Alle » News, Bilder, Videos - Online
1918-07-09 hh:mm
Kampf und Hungersnot
Über 14 Tage kam ich nicht zum Schreiben! – Am 26. Juni kam, abends 6 Uhr, unser l. Rudolf unerwartet hier an! Unsere Freude war groß, denn der l. Junge sah gut aus, trotz der übermäßigen Strapazen, welche er durchgemacht hat. Er hatte wochenlang die schweren Kämpfe bei Mondidier, Villers, Bretonneux M. mitgekämpft. Das Rgt. 69 hatte schwere Verluste! Gott sei gedankt, daß er unseren Jungen bisher behütete. Aus R. Erzählungen hörten wir mit Staunen und Bewunderung, was unsere Helden draußen leisten! Es ist ganz unbeschreiblich, was diese Tapferen ertragen müssen und dennoch soll, wie R. sagt, ein schöner, mutiger Geist unter den Soldaten herrschen. Die Kameradschaftlichkeit unter Allen ist wahrhaft rührend, z.B. das Verhältnis der Offiziere zu ihren Burschen und Mannschaften ganz großartig. R. glaubt an unseren Sieg und meint, wenn jetzt die große Offensive, der große Schlag, käme und der Engländer sehe, daß er nicht vorwärts komme – so werde er heuchlerisch als Friedensfreund auftreten, um noch einen erträglichen Frieden herauszuschlagen! – Das Volk will nicht länger die Kriegsentbehrungen ertragen, die Jugend ist frech und unlustig zur Arbeit! Es wird so viel gestohlen, daß man keine Minute seines Eigentums sicher ist, man kann nur im Tauschhandel noch etwas an Nahrungsmitteln (Fett, Speck, Erbsen etc.) erhalten. Wer nicht Tabak, Zucker, Mehl zum Tauschen hat, ist übel dran – und zu diesen Leuten gehören wir! – Es ist lächerlich zu sehen, wie bessere Leute ihren Metzgern förmlich den Hof machen, um Fleisch zu erhalten und die Metzgertöchter haben unzählige Verehrer, welche – auf der Jagd nach Fleisch – ihnen huldigen! Es ist das Gegenteil wie früher: der Peuble verdient übermäßig viel Geld, lebt fein, fährt 2. Klasse und hat fast alles in Hülle und Fülle, die besseren Klassen haben nicht die Bezugsquellen auf dem Lande bei den Bauern und sind, trotz ihres Geldes, in Not! TagsKommentare |
1918-07-09 hh:mm |