Jeder Mensch hat sie. Jeder geht unterschiedlich damit um. Gelüste.

Mein Thema war schon immer das Essen.

Im Moment lebe ich rundum gesund. Vollwertig. Hochwertig. Kohlenhydratarm. Eiweißreich. Jeden Tag achte ich darauf, auch ja meine fünf Portionen Obst und Gemüse zu mir zu nehmen. Mein Speiseplan ist bunt. Bunt im Sinn von abwechslungsreich. Bunt im wortwörtlichen Sinn. Ich achte darauf, farbenfroh zu essen, jeden Tag Lebensmittel verschiedener Farben zu mir zu nehmen. Ich ziehe Vollkornprodukte den reinen Weizenmehlprodukten vor. Statt Nudeln gibt es so ein Wildreisgemisch. Unter der Woche esse ich kein Fleisch mehr. Fleisch gibt es nur, wenn ich am Wochenende bei meinen Eltern zum Essen bin. Ich trinke wie ein Kamel. Bis zu vier Liter Flüssigkeit jeden Tag. Da ich zu faul bin, mehrmals in der Woche Wasserkästen zu schleppen, habe ich auf die nächstbeste Alternative zurückgegriffen. Ungesüßter Früchtetee. Kleine Sünden vermeide ich, in dem ich erst gar nichts Sündiges einkaufe. Was man nicht zu Hause im Schrank stehen hat, isst man auch nicht.

Man kann also sagen, dass ich mich zwar wirklich sehr gesund ernähre, aber mich gleichzeitig auch strengster Disziplin unterwerfe. Natürlich esse ich gerne Obst. Natürlich mag ich Gemüse. Und gerade die Sommermonate sind immer wieder toll. Ich liebe Sommerobst. Ich freue mich über die große Auswahl an der Obsttheke im Supermarkt. Das ist toll.

Aber…lustig ist es nicht immer, so zu essen, wie ich esse.

Wenn mich meine Gelüste überkommen, greife ich zu einem einfachen, aber vielleicht auch ein wenig seltsamen Mittel. Ich schaue mir Bilder von Essen an.

Man könnte meinen, dass man es so nur noch schlimmer macht. Den Heißhunger durch visuelle Reize nur ankurbelt. Bei mir funktioniert es komischerweise genau andersherum.

Bilder von Essen anzuschauen, das macht mich glücklich und zufrieden.

Heute war so ein Tag, an dem mich der Heißhunger überkam. Thema: Fastfood. Ein extrem seltenes Vergnügen in meinem Leben.  Wenn ich so auf meine Lebenszeit zurückblicke, würde ich sagen, dass ich zu „Spitzenzeiten“ vielleicht ein oder zweimal im Jahr bei der Kette mit dem großen goldenen M gegessen habe. Aktuell ist es mehr als ein Jahr her, seit ich dort zuletzt aß. Das war letztes Jahr, Ende März, Anfang April.

Angeregt durch den aktuellen Fernsehspot der Kette mit dem goldenen M, habe ich heute einige Zeit auf der dazugehörigen Website verbracht. Jedes Produkt habe ich mir genau angeschaut. Mir vorgestellt, was ich bestellen würde, wenn ich vor der Theke stände und bestellen müsste. Mit der Wunschliste in meinem Kopf hätte man wohl eine ganze Fußballmannschaft satt bekommen. Sich vorzustellen, wie man sich langsam jeden einzelnen Bissen der gesamten Produktpalette auf der Zunge zergehen lässt…So was macht mich glücklich.

Einen Vorteil gibt es ja, wenn man sich dazu entschließt, seine Gelüste so zu befriedigen, wie ich es für mich entschieden habe:

Egal, um welches Produkt es sich handelt, auf den Fotos sehen sie alle tausendmal appetitlicher aus als vor Ort in der Filiale. Das auf den Fotos so wunderbar kross anmutende Ciabatta-Brötchen des aktuellen Italien-Highlights ist mit Sicherheit vor Ort genauso wabbelig wie die ganzen stinknormalen Hamburgerbrötchen auch. Der Salat ist pflichtgemäß welk, niemals so grün, niemals so frisch, niemals so knackig.

Und so erfreue ich mich in den dunklen Stunden, in denen die Gelüste übermächtig werden, lieber an den wundervollen, wundervollen Produktfotografien. 

Dabei versuche ich zu vergessen, zu verdrängen, dass es gerade der Gammeleffekt ist, der den eigentlichen Charme, den eigentlichen Reiz dieser Art von Essen ausmacht.