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2017-04-12 08:21
Di. 11. April 2017
Mal eben den Dienstag zusammen fassen.

Im Grunde würde ich diesen Tag allerdings aus dem Kalender, aus dem Gedächtnis bzw. aus meinem Leben streichen. Ein heftiges seelisches Auf und Ab, an dem ich sehr viel geweint habe.

Ich fand es schön,

dass ich so liebe und nette Kolleginnen habe, die so nett und aufbauend mit mir gesprochen haben, mich seelisch nicht im Stich gelassen haben.

dass ich auf der Arbeit wieder 16 Minuten Plus gemacht habe (ich glaube, heute werde ich wieder etwas Minus machen, aber das werde ich auch wieder auffangen können).

dass ich abends noch die Osterkarten geschrieben habe (sie heute einwerfen werde).

dass ich abends mal wieder eines meiner Lieblingsessen, Hühnerfrikassee mit Reis gegessen habe (immer wieder lecker).

Ja, der Dienstag war seelisch total heftig für mich.

Ich habe insgesamt 4 mal mit meiner Mutter telefoniert.

Mittags rief sie mich "versehentlich" an. Sie war am Handy an eine falsche Taste gekommen. Nun gut, bei der Gelegenheit fragte ich natürlich direkt, was es Neues gibt. Als sie meinte, das sagt sie mir abends (wie immer bei negativen Sachen), da hakte ich trotzdem sofort nach. Noch so viele Stunden Unsicherheit, das konnte ich nicht aushalten.

Die Ärzte ziehen ja immer alle Eventualitäten in Betracht. In Leber und an der Bauchspeicheldrüse sind definitiv dunkle Schatten. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Ärzte davon aus, dass beides Krebs ist. Sie war fertig mit den Nerven und am weinen. Natürlich kamen auch mir die Tränen.

Etwas später kam ein Anruf von ihr. Der Schatten an der Leber ist definitiv eine positive Wasserzyste, die mit der Zeit alleine wieder weg gehen wird. Daran wird nichts gemacht. Immerhin ist ihre Leber gesund. Schon mal was positives.

Der Stent an der Galle wird in Kürze, wahrscheinlich noch in dieser Woche, mittels Schlauchschlucken gelegt. Im Bauchraum ist schon viel weniger Wasser/Urin, so dass der Katheder am Dienstag schon mal entfernt werden konnte. Der Rest kann langsam normal über die Nieren raus kommen.

Ja, das war ein positiver Anruf.

Dann kam die nächste Mitteilung. Ich habe am Freitag morgen (ja, an Ostern, weil ich während der Woche berufstätig bin) einen Termin (zusammen mit meiner Mutter) bei ihrem behandelnden Arzt. Diese Nachricht kam per SMS.

Natürlich wollte ich wissen, was jetzt wieder los sei. Weshalb sollte ich zu ihrem Arzt. Ich rief also wieder bei ihr an.

Das Ding an der Bauchspeicheldrüse muss raus. Da ist was bösartiges. Dort muss ein Stück rausgeschnitten werden. Ob es bisher nur innen drin (im inneren Kern) bösartig ist, außen noch gutartig ist (wovon die Ärzte zur Zeit noch ausgehen), oder ob es schon umgeschlagen ist, das werden die weiteren Untersuchungen noch zeigen. Auf jeden Fall kann es jederzeit komplett umschlagen (bösartig, also Krebs werden), was ein Todesurteil wäre.

Es ist eine schwere Risiko-OP. Wenn es drin bleibt, ist es auf jeden Fall ein Todesurteil. Aber ein Stück vom Organ zu entfernen ist auf jeden Fall auch ein schwerer Eingriff. Aber dann hat sie eine große Chance, wieder ganz gesund zu werden. Aber sie ist halt "keine 20 Jahre mehr", sondern 72 Jahre. Bei Menschen in diesem Alter ist eine Vollnarkose im Grunde immer ein Risiko.

Sie musste dort eine Ansprechperson angeben, falls es irgendwelche Probleme gibt. Sie hat halt mich angegeben. Deswegen müssen wir beide am Freitag (wenn dann alle restlichen Labor-Ergebnisse vorliegen) unterschreiben, dass wir beide über die Risiken dieser schweren OP aufgeklärt worden sind.

Ihr Arzt ist ausgerechnet der Arzt, der damals den künstlichen Darmausgang bei ihrem Freund gelegt hat. Den habe ich schon kennengelernt (damals). Ein junger, total eingebildeter junger "Schnösel", der mir sofort total unsympathisch war. Nach dem Motto, nur ich weiß, was hier richtig ist, alle anderen haben eh keine Ahnung.

Wenn am Mittwoch die weiteren Ergebnisse vorliegen, dann wird entschieden, ob sie dafür Kontrastmittel brauchen und wie viel. Umso mehr sie brauchen, dann ist das Nierenversagen schon vorprogrammiert, dann kommt sie anschließend an die Dialyse, wovor sie natürlich auch schon Angst hat.

Wenn der Tumor nur innen bösartig ist, dann ist alles gut. Wenn er auch außen schon bösartig ist, dann folgt anschließend noch eine Chemo. Auf dieses Ergebnis müssen wir noch warten.

Abends waren wir noch Einkaufen. Gegen 20.15 Uhr war ich zu Hause. Dann direkt wieder meine Mutter angerufen. Wir haben dann nochmals bis gegen 21 Uhr telefoniert. Unter anderem auch darüber, was sie dort noch braucht. Z. B. mehr Zeitschriften, weil es ihr zu langweilig ist, sie auch zu viel grübelt, sie braucht mehr Ablenkung.

Gegen 21 Uhr habe ich dann erst mal einen Salat gegessen (grünen mit Möhren mit Joghurt-Dressing), anschließend noch Hühnerfrikassee mit Reis. Danach habe ich mir dann endlich die Osterkarten geschnappt, habe sie endlich geschrieben.

Ja, und danach musste ich seelisch dann wirklich erst mal runter fahren.

Natürlich ist die OP ein Risiko. Aber im Grunde ist das ganze Leben ja ein Risiko. Ohne OP hat sie gar keine Chancen, aber mit OP hat sie über 50 % Chancen. Natürlich ist sie schon "alt", aber auch alte Menschen müssen hin und wieder halt mal operiert werden.

Ja, Thema Risiko. Schon wenn man in den Urlaub fliegt, ist es ein Risiko. Dabei habe ich natürlich an den Selbstmord-Flieger von vor 2 Jahren gedacht. Diese Menschen hätten auch nie gedacht, dass es ihr letzter Urlaub ist.....

Ja, und prompt kamen zu diesem Zeitpunkt im Fernsehen die Meldungen von dem BVB-Bus, von dem Anschlag. Ja, es ist schon ein Risiko, wenn man Fußball spielen will. Dass auf ihren Bus ein Anschlag verübt wird, dass ein Spieler verletzt ins Krankenhaus muss (er wird wohl heute operiert), auch damit hatte keiner gerechnet.

Ja, im Grunde ist das ganze Leben ein Risiko. Wenn ich gleich raus gehe, bin ich froh (so wie jeden Tag), wenn ich abends gesund und munter wieder zu Hause bin. Egal ob im Zug, am Bahnhof, auf der Straße, überall kann was passieren.

Meine Mutter hatte schon so viele OPs, ist immer wieder gesund aufgewacht. Sie hat ein gesundes und starkes Herz. Nein, jetzt einfach so ein Todesurteil mit Krebs hinzunehmen, wenn eine rettende OP doch möglich ist, das werden wir definitiv nicht machen. Mein Freund steht auch voll und ganz hinter mir. Selbstverständlich wird sie operiert. Das hätte er bei seinem Vater auch so entschieden.

So, und jetzt bin ich schon spät dran. Hoffentlich wird dieser Tag seelisch etwas ruhiger. Diese ganze Aufregung, dieses ganze Auf und Ab geht seelisch total an meine Grenzen, geht mir total an die Nerven.

Ich bin deswegen auch schon übernervös. Das sieht man natürlich leider auch wieder an meinen Händen/Fingern. Ich knibbel ohne Ende, komme dagegen aber nicht an. Wenn eine Stelle blutet, fange ich am nächsten Finger an. Das ist halt mein "Ventil", um die seelische Aufregung wieder etwas loszuwerden.

Sport habe ich abends dann nicht mehr gemacht, dafür stand ich seelisch viel zu sehr neben mir. Stattdessen habe ich mit meinem Freund gesprochen. Wir haben uns immer wieder gegenseitig Mut gemacht, bzw. er hat mich immer wieder aufgebaut, dass wir es zusammen durchstehen werden, dass meine Mutter es ganz bestimmt schaffen wird. Sie war schon immer ein "Steh-Auf-Männchen", hat schon so viele Krankheiten geschafft, dann wird sie diese Krankheit auch noch in den Griff bekommen.

Kommentare

03:44 13.04.2017
Vielen Dank für eure lieben Kommentare. Ich bin so froh, wenn alles vorbei ist und meine Mutter dann (hoffentlich) alles gut geschafft hat. Wenn es endlich wieder aufwärts geht.
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02:37 13.04.2017
Bei Deiner Mutter kann man ja leider mit dem Daumendrücken gar nicht mehr aufhören. Die besten Wünsche auf jeden Fall noch dazu!
Und Osterkarten habe ich heute auch noch gekauft, ich beneide Dich um Deinen Vorsprung
Good luck !
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09:47 12.04.2017
Deine Mutter macht wirklich eine schlimme Zeit durch!
Den Tod ihres Lebensgefährten konnte sie ja noch kaum betrauern und nun kommen solche Ängste um ihr eigenes Leben dazu... puh!
Ich wünsche dir die Kraft, dass du ihr Zuversicht geben kannst. Du kannst ja glücklicherweise immer wieder bei deinem Freund 'auftanken'.
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