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2010-09-15 20:00
Childhood Memories

Eigentlich war ja DER Plan für den heutigen Nachmittag, mal etwas zu machen, was ich ewig schon nicht mehr gemacht hatte. Papier. Bleistift. Einfach ein bisschen zeichnen. Ist mal locker fünf Jahre her, seit ich mir die Zeit dafür genommen habe.

Aber dann kam doch alles anders. Ich kramte den Block heraus, fand die ganzen alten Zeichnungen…Einige gar nicht so schlecht…Und fand in der Schublade auch das Briefbuch von mir und meiner Ex-Besten-Freundin, das wir so im Alter zwischen 12 und 15 Jahren führten. Natürlich habe ich es gelesen. Und ich hab mich bepisst vor Lachen.

Endlos lange Listen, benoten der „Boys& Girls“ unserer Klassen nach „Nettigkeit“ und „Süß sein“. Ewiges Spekulieren darüber, in wen man sich vielleicht verlieben könnte. Echt erstaunlich, bei vielen ich tatsächlich ein „Vielleicht“ ankreuzte.

Ganz süß fand ich die Fragen, die ich damals mit 12 beantwortete:

Wie würdest du reagieren, wenn dich dein Herzblatt ins Kino einladen würde?

Meine Antwort: Ich würde wahrscheinlich knallrot anlaufen und irgendeine Antwort vor mich hin stottern. Es könnte aber auch sein, dass ich mich freuen würde. Dann würde ich sicherlich annehmen.

Auch sehr geil fand ich, dass ich mit 12 Jahren der Meinung war, dass ich jetzt, mit 28, gerne heiraten würde. Na ja. Ich hab ja fast noch ein Jahr Zeit, um dieses Ziel zu verwirklichen. Yay!

Auch sehr süß:

„Mit wie vielen Jahren würdest du von einem Jungen den ersten Kuß erwarten? Und welchen?“

Meine Antwort: So von 14-16 Jahren und ich war der Meinung, dass es ein Wangenkuss werden würde. (Zur Auswahl standen: Handkuss, Wangenkuss, kurzer Kuss auf den Mund oder Zungenkuss.)

Oder auch:

„Nenne alle deine Einzelheiten, wie du dir deinen Traummann vorstellst!“

Und ich schrieb:

groß, schlank, dunkelbraune (oder auf jeden Fall braune Haare), blaue Augen, inteligent (ja, damals bevorzugte ich die Schreibweise mit nur einem „l“), evtl. sportlich, auf alle Fälle tierlieb. Er sollte evtl. reiten können. Außerdem sollte er süß und treu sein.

Das Erschreckende dabei….Bei dunklen Haaren und blauen Augen werde ich noch heute absolut schwach. Da setzt mein Denken echt aus. Genau wie erst kürzlich in diesem Sommer. Aber das ist eine andere Geschichte.

Und dann natürlich PH-Neutral. Ich hatte damals anscheinend auch schon eine Schwäche für phantasievolle Spitznamen. Er war damals so mit 13 meine große Liebe. Ich konnte sogar ganz genau sagen, wann ich mich in ihn verliebt hatte. Genau eine Woche, bevor die beste Freundin und Briefbuchmitschreiberin bei mir übernachtete. Und anfangs war ich „nur“ zu 98% in ihn verliebt, aber später dann so richtig zu 100%.

Wenn man das so rückblickend liest, wird man richtig wehmütig und sehnt sich nach den Zeiten zurück, in denen man noch so wunderbar naiv und offen und unerfahren und unschuldig war.

Leben auf dem Ponyhof. Unser Projekt damals: Ein Buch zu schreiben im Stil der Wendy-Abenteuer. Der Klappentext….so geil. Vor allem: Von Rechtschreibung und Interpunktion haben wir damals noch nicht allzu viel gehalten.

Jane, Dine und die Pferde

Dieses Buch besteht aus einem Band mit 20 Kapiteln. Es handelt um zwei zwölfjährige Mädchen die auf dem Reitstall ihrer Eltern leben und mit ihren Freunden den Pferden tolle Abenteuer erleben. Ihre Kindheit ist unbeschwert nur auch bei ihnen auf dem Wiesenhof an der Ostsee gibt es GEWALT und NEID. Jane und Dine erfahren sehr schnell das die Liebe zu einem Jungen einen sehr blind machen kann. Zum Glück hält die Freundschaft der Cousinen und auch Viento und Suleika ihre Pferde bestehen so manche Gefahren. Aber nicht nur die Mädchen und die Pferde erleben Abenteuer auch Sara die Mischlingshündin und Janes Pflegehund Rex kommen so manchmal sehr in Schwierigkeiten. So manchmal geraten aber auch Chris, PH-Neutral., Pie und G. in die falsche Bahn. Wie Jane und Dine sie wieder herausholen können schaffen sie nur mit der Hilfe ihrer BESTEN Freunde.

Drama. Baby. So manchmal. Aber ich habe damals auch so eine süße Geschichte für unser Buchprojekt geschrieben. Auch da…wie wundervoll optimistisch mein Blick damals noch war. Die Geschichte schrieb ich mit 14. Aus Jane war eine Chrissy geworden und auch die männlichen Protagonisten wurden entsprechend gegen die aktuellen Schwärme ausgetauscht. Die Geschichte habe ich damals für sie geschrieben, meine Ex-beste-Freundin. Für sie und über sie und ihren damaligen Schatz. Ich find es ja so süß. Wie gesagt, ich vermisse es manchmal, dieses Ponyhofland. Da war alles noch schön.

Chrissy, die Tochter des Reitstallbesitzers L.H., longierte auf dem Abreitplatz ihr Pflegepferd Gigolo. Aber sie konnte sich nicht mit dem sonst für sie so typischen Ehrgeiz auf das Training mit ihrem Liebling konzentrieren. Ihre Freundin Dine hatte sie nämlich eine halbe Stunde zuvor angerufen, um ihr mitzuteilen, dass Effi, Lea und sie später mal vorbeikommen wollten. Außerdem wollten Michael und Dave, die Freunde von Lea und Dine, mitkommen. Da blieb es ja nicht aus, dass auch Max und Thomas, gute Freunde von Michael und Dave, mitkamen. Ausgerechnet Thomas musste mitkommen. Chrissy starrte gedankenverloren über die Weide. Bis vor einem Monat waren sie und Thomas zusammen gewesen. Dann hatte sie Schluss gemacht, weil er sein blödes Training und die idiotischen Fußballspiele ihr andauernd vorgezogen hatte. Aber damals als sie sich kennengelernt hatten, sah alles noch ganz anders aus. Na ja, es nützte sowieso nichts, alten Träumen von der großen Liebe nachzutrauern. Chrissy wusste sehr genau, dass sie Thomas noch liebte. Manchmal musste sie wieder wegen dieser Sache weinen und dann konnte sie nicht einmal ihr Pflegehund Rex in ihrem Liebeskummer trösten. „Hey Chrissy! Träumst du oder ist irgendwas passiert?“ Mit diesen Worten riss Lea sie ein wenig unsanft  aus ihren Tagträumen. „Wetten, dass wir jetzt wieder ‚Was, wie, wo?’ zu hören bekommen?“, meinte Effi mit einem fröhlichen Lächeln. „Ach, ihr seid blöd“, murmelte Chrissy und drehte sich um, um zum Stall zu gehen. Aber sie wandte sich noch mal ihren Freundinnen zu und versuchte fröhlich zu erwidern: „Hey, ihr Salzsäulen! Wollt ihr da noch ewig stehenbleiben? Los, kommt! Manara, Penny und Suleika warten auf euch!“ Während sie das sagte, ging sie rückwärts auf die Stalltür zu, stieß mit etwas zusammen und fand sich schließlich in den Armen des verblüfften Thomas wieder. Sie lief feuerrot an und versuchte, irgendeine Entschuldigung daher zu stottern. Aber Thomas meinte nur lächelnd: „Was für ein glücklicher Zufall!“ Und eine Spur zurückhaltender fügte er hinzu: „Nach so einem Zufall habe ich mich in letzter Zeit immer gesehnt! Du, Chrissy, es war total verrückt von mir, dass ich damals nicht direkt etwas unternommen habe, als du mit mir Schluss gemacht hast. Willst du mir nicht noch eine Chance geben?“ „Ich glaube, der Typ ist total durchgeknallt. Wenn der glaubt, dass er mit so einer halben Entschuldigung hinkommt, damit sofort wieder Friede, Freude, Eierkuchen herrscht, hat der sicher aber verdammt geschnitten!“, dachte Chrissy. Ohne ihn weiter zu beachten, wandte sie sich an Dine: „Ich gehe jetzt in den Stall und versorge Gigolo. Danach werde ich Viento für den Ausritt aufsatteln. Könntest du dich vielleicht um unsere Gäste kümmern? Wenn sie mitreiten wollen, kannst du ihnen Grey Ghost, Willy, Wildfang und Zabou geben, die sind heute nicht für die Reitstunden eingeteilt.“ Schnell wollte sie an Thomas vorbei in den Stall laufen, aber er hielt sie noch fest. „Chrissy! Ich sehe ja ein, dass ich einen Fehler gemacht habe, aber deswegen kannst du mich doch nicht ewig verurteilen!“ Er umarmte sie heftig. Er sah ihr tief in die Augen und küsste sie dann  zärtlich. Zuerst wollte sie sich wehren, aber dann ließ sie es einfach mit sich geschehen.

Als sie später durch den Wald ritten und Sara und Rex fröhlich bellend neben den Pferden herliefen, dachte Chrissy: „Ich war damals echt blöd, als ich Thomas und meine Liebe zu ihm so einfach aufgegeben habe! Aber jetzt haben wir das zum Glück geklärt!“ Verstohlen schaute sie zu ihm hinüber. Und als er ihren Blick erwiderte, wusste sie endgültig, dass sie ihm verziehen hatte.

So wunderbar rosarot sah meine Welt damals, Anfang 1997, noch aus. 14 Jahre jung. Noch ungeküsst, aber ja gerade erst am Anfang der Zeitspanne, in der ich damals mit 12 den ersten Kuss ansiedelte. Noch ohne Beziehung. Und alles noch süße Theorie, Träumereien in Wolkenkuckucksheim. Ende 1997 sah das ganz anders aus, als ich den letzten Brief in diesem Briefbuch schrieb. Ende 1997 war ich 15, hatte im Sommer meine „große Liebe“, den Sohn der Feriennachbarn meiner Eltern in Frankreich, kennen gelernt. Der erste Kuss war noch perfekt. (Und er war sogar voll im Zeitrahmen und entgegen der Erwartungen meines zwölfjährigen Ichs war es kein Wangenkuss…)So richtig kitschig perfekt in einem französischen Straßengraben unter französischem Sternenhimmel war es. Aber in dem Sommer begannen dann die Zweifel und die Probleme und die Komplikationen. Schon in diesem Sommer. Und konkret beschäftigte mich damals, als ich diesen letzten Briefbuchbrief am 11.12.1997 schrieb, die Frage, ob ich mit dem Feriennachbarssohn Schluss machen sollte oder nicht.

(…)Wo wir gerade von Sentimentalitäten sprechen (…) in letzter Zeit denke ich wieder öfter über einen gewissen Ddorfer nach. Genauer gesagt über die Osterferien. Ich habe mich, hoffe ich zu mindestens, jetzt endgültig dazu entschlossen, mit ihm Schluss zu machen. Ich weiß nur noch nicht wie, das ist mein Problem. Eigentlich will ich gar nicht unbedingt mit ihm Schluss machen. (Ich schätze, dass mir das sowieso das Herz brechen wird) Aber ich denke, dass das das Beste für uns beide wäre. Trotzdem, ich denke, wenn er hier in S. oder ich in Ddorf wohnen würde, würde ich  ganz bestimmt nicht Schluss machen, obwohl er so ein paar Macken hat, die einem manchmal echt total auf die Nerven gehen können!! Na ja, aber wer sagt mir denn, dass ich nicht auch solche Macken habe? (Kein Kommentar, bitte) Außerdem will ich andererseits nicht Schluss machen, weil ich denke, ich könnte das irgendwann mal furchtbar bereuen und kann das dann nicht mehr rückgängig machen. Ich glaube, wenn das passieren würde, dann würde ich echt total durchdrehen Ich glaube, dass ich dich langsam ein bisschen mit dem Thema Ddorfer nerve, oder? Darum werde ich jetzt erst mal als vorläufiges Ergebnis sagen: Ich mache Schluss Ich hoffe, ich bleibe jetzt wenigstens vorerst dabei und überlege es mir in zwei Minuten nicht wieder anders. (…)

Erschreckend, wie sehr auch das tatsächlich nach mir klingt, oder? Lange, lange 13 Jahre ist das jetzt her. Und von dem fröhlichen Optimismus meines zwölf- bis vierzehnjährigen Ichs war dann mit 15 nicht mehr viel da. Stattdessen die erste vermurkste Geschichte meines Lebens. Ich musste mein aktives Liebesleben ja scheinbar unbedingt schon mit einer komplizierten Fernbeziehung angefangen damals. In dem Alter waren die knapp 70 Kilometer Entfernung noch ein unüberbrückbares Hindernis und es war klar, dass wir uns nur in den Ferien in Frankreich sehen würden. Da von einer „Beziehung“ zu sprechen, ging mir schon damals gegen den Strich oder nein, ich hatte schon damals unheimliche Probleme damit, dass es so schwierig war und so gar nicht „normal“.

Ja. Daraus könnte man jetzt wieder so einiges an Erkenntnissen stricken. Aber das lasse ich mal für heute. Ich hatte einen schönen Nachmittag. Mit mir. Mit meinem früheren Ich. Ich war mal echt richtig süß. Total unschuldig und naiv und mit so einem optimistischen Blick auf die Welt. Mit zwölf war das Leben eben doch noch einfacher. Manchmal hätte ich gerne eine Zeitmaschine. Was man dann nicht alles anders machen würde in seinem Leben? Aber so ist das. Ändern kann man gar nüschts mehr. Was bleibt sind süße, süße Erinnerungen. Kaufen kann man sicher aber dafür auch nüschts.

Kommentare

07:07 16.09.2010
Ich glaube ich muss meine "Zettelchenbox" wieder hervorkramen. Wir haben früher immer Zettelchen in der Klasse von Bank zu Bank geworfen.

Und die Ponyhofgeschichte kling extrem Adventure - wenn sogar die Hunde sich in eine verzwickte Lage bringen. Wonderful.
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
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2010-09-15 20:00