Besuch: ja, vielleicht, nein
Heute haben wir es geschafft und waren im kino. 1 1/2 Ritter stand auf dem Programm. Meiner Tochter gefiel der Film ganz gut, ich persönlich fand ihn ziemlich flach. Ins Kino selbst zu laufen war eine echte Tortour für mich. Ich bin inzwischen so was von schwerfällig geworden, der Wahnsinn. Jedenfalls geht mir die Puste total schnell aus und mir fällt es auch schwer, wenn ich mit dem VW-Bus rückwärts fahren muss. Das Umdrehen und nach hinten sehen ist gar nicht so einfach. Wie schwierig muss das alles für übergewichtige Menschen sein. Kein leichtes Schicksal!

Hab gerade mit der Nachbarin meines Vaters telefoniert. Sie meint wohl, es ginge ihm sehr, sehr schlecht und meint, wir sollten ihn schon im Krankenhaus besuchen. Ich räumte ein, dass sich dieser Zustand ja immer wieder einstellt und es ihm wochenweise gut und dann wieder sehr schlecht geht. Sie erzählte auch, dass er selbst meint es ginge wohl bald mit ihm zu Ende. Aber auch das höre ich seit Jahren. Ich bin aber trotzdem ziemlich besorgt und weiß nicht wie ich mich richtig verhalten soll. Soll ich jetzt wieder das Ruder an mich reißen und ihn besuchen, obwohl er weiß, dass ich in 3 Wochen entbinde? Wollte mir eigentlich mal eine längst verdiente Auszeit gönnen und ihn mal ein wenig hinten an stellen. Tja, jetzt pocht schon wieder mein Gewissen, dass da sagt: Was ist, wenn es diesmal wirklich die letzen Tage und Wochen sind?! Dann hab ich ihn aus lauter Egoismus versetzt. Auf der anderen Seite hat er so oft "Hilfe, ich sterbe bald!" gesagt, dass er einfach unglaubwürdig geworden ist. Mal schnell über 200 km fahren ist für mich echt beschwerlich und ich würde so gern drauf verzichten. Irgendwie tun sich meine Brüder leichter mit dem Ignorieren seiner Anrufe und bleiben einfach ihre Einstellung treu und besuchen ihn nicht.
Ich hab erfahren, dass er schon traurig ist, dass ihn keines seiner Kinder besucht, mir aber keinen Vorwurf macht, da er einräumt, dass ich hochschwanger bin. Aber ein besseres Gefühl gibt mir das jetzt auch nicht. In meiner Brust schlagen 2 Herzen. Auf der einen Seite bin ich völlig leer und entnervt von ihm, denn er verlangt ständig nach Aufmerksamkeit und findet den Weg in seine Selbständigkeit einfach nicht, krallt sich an uns fest, auf der anderen Seite würde ich mir es wahrscheinlich nicht verzeihen, wenn er stirbt und ich ihn ausgerechnet jetzt zurückgewiesen habe.

Ich spüre schon wieder wie ich einknicke. Die Tendenz geht schon wieder in die Richtung " Ich besuch ihn am Dienstag". Irgendwie ist er schon ne arme Sau, keiner liebt ihn, jeder handelt aus der Verantwortung raus und jeder ist von seiner Art genervt. Ach, ich weiß nicht. Wie ein kleines Kind war er schon immer und um das zu bekommen was er will ist ihm jedes Mittel recht (gerade um im Mittelpunkt zu stehen). Mein Freund wird mir wahrscheinlich ordentlich den Kopf waschen, wenn er hört, dass ich schon wieder sentimental bin und nachgeben will. Dem reicht es nämlich mitlerweile ganz schön, weil er von meinem Papa mehr rangenommen wird für irgendwelche Erledigungen, als seine Söhne.

Ach, wenn ich doch nur wüßte was richtig ist. Mein eigener Wunsch nach Ruhe wird mal wieder völlig übergangen, dabei war das doch wirklich nicht so viel verlangt. 5 Wochen wollte ich mal ne Auszeit und jetzt steh ich da und muß mit meinem Gewissen kämpfen. Echt prima.

So energisch wie ich oft bin, ich hab tatsächlich einen weichen Kern (oder weiche birne, das ist hier die Frage). Dabei haben so viele Menschen von mir ein völlig falsches Bild und sehen in mir oft eine total kühle und selbstsichere Person, die eine Meinung hat von der sie nicht abweicht. Ha, da sieht man mal wie es wirklich aussieht. Ne sentimentale Memme bin ich... Es liegt in meiner Natur, immer in die Verantwortung zu schlüpfen und mich schuldig zu fühlen, wenn ich das mal nicht tue und die Verantwortung auf andere abwälze.

Werd morgen mal mit meinem Freund reden, wobei ich jetzt schon weiß, dass der meine Überlegungen nicht nachvollziehen kann und versuchen wird mich davon abzubringen.