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Thursday, 18. April 2024
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 1910-02-09 hh:mm
. Morgens um 10 Uhr mit Fam. K...
. Morgens um 10 Uhr mit Fam. Kaiser gebummelt. Herr K. zeigte uns das arab. Viertel der Stadt. Wir bogen in eine Gasse ein. Zu beiden Seiten waren Löcher für unsere Begriffe Löcher denn sie waren ohne Fenster. Nur am Eingang mit einer Türe versehen, daß das ganze einem Kleiderschrank glich. Jede Gasse hatte ihren bestimmten Zweck eine derselben enthielt nur Steine, die andere Metalle in letzterer hielten wir uns länger auf, kauften ein Räuchergefäß einen Elefanten, Kännchen u. Aschebecher auch Handschalen. Wir sahen zu, wie die Sachen gehämmert wurden ohne Vorzeichnung. Die Lebensmittelgasse roch besonders stark nach Gewürzen, das fleißig gestoßen wird und scharf wie Pfeffer schmeckt u. eine gelbgrüne Farbe hat. Eine andere Gasse bot nur Stoffe, wir sahen wie die Leute weben u. nähen. Jegliche Arbeit verrichten hier Männer, sie nähen u. Kochen sogar. Dann kommen wir durch ein kaum meterbreites Gäßchen knapp konnten wir im Gänsemarsch gehen wie seither. Hier roch es betäubend u. Frau Kaiser u. ich wurden mehrmals mit Parfüm besprengt, das nicht übel roch u. nicht anhaltend war. Jeder Händler hockt die Beine gekreuzt auf dem Boden seines Ladens; so kommt weder Neid noch fürchtet er seine Konkurrenz, sonst hätten sie sich nicht selbst in diese Kategorie eingeteilt. Das Merkwürdigste ist, daß fast sämtliche Gassen überdacht sind mit Tüchern,- was die warme Luft abhält, wir wunderten uns in dieser Luft atmen zu können, dabei wogt eine Menschenmenge durch im Gänsemarsch, daß es einem nachher an allen Gliedern juckt. Herr Kaiser fegte immer mutig voran bald hier, bald dort etwas erklärend. War ein Haus besonders beflaggt mit roten Fahnen u. Teppichen so bedeutete dies eine Hochzeit. Nun kamen wir in eine ziemlich breite Straße in welcher Stickerein verfertigt werden. Am Ende dieser Gasse befindet sich eine Heilwirtin de Pforte, welche mit Stoffetzchen u. Fäden vollhängt, wir sahen einen Mann, welcher seinen Finger verband damit er schneller heilen sollte. An verschiedenen arab. Schneiderwerkstätten kamen wir vorbei, es ist amüsant, die Männer bügeln mit den Füßen. Ebenso interessant sind die arab. Herbergen u. Cafe`, die man nur von Weitem betrachten darf. –
Inzwischen ist es sehr spät geworden, wir nahmen schnell einen Wagen u. fuhren eilends heim zum Lunch. Nach Tisch fuhren wir nach der Citadelle, von wo aus man eine herrliche Aussicht auf Cairo, den Nil u. die Pyramiden hat. Oben ist die Alabaster-Moschee zu sehen, sie ist die schönste, besterhaltendste Moschee Ägyptens. Vor dem Eingang bekommt man Arber-Schuhe an dann betritt man einen mit dicken Teppichen belegten großen Raum, das Innere der Kirche ist alles Marmor die Fenster bemalt u. enthält eine große u. kleine geschnitzte Kanzel. Der heilige Teppich von Mecca befindet sich in einem Seitengelaß das nicht gezeigt wird. Dann betritt man den marmorbelegten Hof mit dem Brunnen an welchem die Araber vor dem Gebet die Füße waschen. Unweit der Citadelle befindet sich die Hassan-Moschee, deren Juwel sich dadurch auszeichnete, daß es ganz getäfelt ist mit prachtvollen Schnitzerein. Am Eingang beteten 2 Araber, es sah aus als würden sie „Müllern“. Der Glaube der Araber ist doppelt zeitbringend, erstens läßt er sie nicht im Schmutz verkommen, zweitens schreibt er gymmastische Übungen vor! Unser Führer war ein gewandter Mensch, sprach sogar gebrochen deutsch, wollte auch dafür doppelt entschädigt werden, indem er sich sehr bezahlen ließ. Wir fuhren dann ins Hotel, dort trafen wir Herrn Kaiser u. nun wollten wir gemeinschaftlich Tee trinken u. gingen deshalb direkt ins Cafe Splendir. Es war sehr voll u. saßen die Leute schon mitten in der Straße, wir fanden noch einem Tisch am Rand des Trottoirs u. gruppierten uns um denselben. Kaum saßen wir, so suchten uns schon die Hausirer heim. Zum ersten Mal paßten wir auf, was einem da alles angeboten wird u. mußten wirklich staunen was die Leute so herumschleppen. Ansichtskarten u. Hülsenfrüchte – Händler sind am zahlreichsten vertreten, uns wurde aber noch Geflügel, Fische, Crevetten, u. rohes Fleisch angeboten, Backwerk in Kranzform u. Bananen welche sie zugleich auf dem Kopfe trugen. Blusen u. Wollstoffe wurd. ebenfalls angeboten, dann kam ein Händler mit silberdurchwirkten Schals, die sie wie Fahnen hin- und herschwenkten. Spiegel u. Bilder=Rahmen kann man auch kaufen, ebenso meterhohe japanische Vasen schleppten die Araber herum, nebst den dazugehörigen Holzständern. Am meisten jedoch schauten wir, als so ein Schwarzer mit einem großen Sofa, welches er auf dem Kopfe trug, hausirte. Jedenfalls braucht man in keinen Laden mehr zu gehen. Es gab jede Menge Blumenmänner und Fliegenwedelverkäufer. Selbstverfertigte Mumien tragen sie einem durch sämtliche Straßen nach u. wenn das energische: „la la“ nichts mehr nützt muß man deutsch schimpfen, sie treten dann, wie beleidigte Kinder den Rückzug an. Nun kauften wir einen Sammellöffel u. gingen zum Dinner ins Hotel. Inzwischen lernten wir eine Familie Quelle aus Alexandria kennen, Bekannte von Kaisers. Wir saßen zusammen an einem Tisch u. sind recht lustig gewesen. Abends gingen wir in den deutschen Club der erst nach 9 Uhr anfängt. Dinklers sind schon da gewesen, wir lernten Herrn Professor kennen, er ist ein sehr lustiger unternehmender Herr. Frl. Dinkler hatte Probe zur Festaufführung, es spielten noch verschiedene Damen u. Herren mit es erklärte uns Jula den Sinn der Teater-revue. Herr Professor machte uns den Vorschlag gemeinschaftlich nach Ober-ägypten zu reisen, wovon wir sehr entzückt waren u. gleich zusagten. Es wurde noch verschiedenes darüber besprochen u. glauben wir anderen Tages unsere Schiffsbiletts umzutauschen. –

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