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Tagebuch Amygdala
2016-05-04 15:29
Letzten Sonntag...

Letzten Sonntag in der Bücherei war wieder die Nette da, an der Bücherausgabe. Sie ist schon älter, klein, glattes, graues Haar, immer vergnügt. Jedes Mal nimmt sie eins meiner ausgesuchten Bücher und gibt einen Kommentar dazu ab. Diesmal zu dem Buch mit den Strickmustern. "Ich bin auf der Suche nach einem Lochmuster", zwitschert sie, blättert im Buch und gibt es dann mir mit einem "Entschuldigung". Ich finde sie so nett mit ihrem österreichischen Akzent und ihrer heiter-positiven Art. Am liebsten würde ich sie fragen: "Kommen Sie von hier? Stricken Sie auch gerne? Wollen wir einen Kaffee zusammen trinken? Ich bin so allein, müssen Sie wissen." Aber ich sage nichts dergleichen. Ich freue mich, dass sie eine warme Saite in mir angeschlagen hat, eine Saite, die einen Wohlklang in mir ausgelöst hat, so was von Mensch zu Mensch, es gibt wohl keine Worte dafür. Dann gehe ich heim. Und heim ist hier war anderes als damals. Es ist Schweigsamkeit, manchmal vorsichtiges Ausloten der Gefühlslage: ist er verstimmt? Wenn ja, wieso? Es ist auch das Begegnen eines allgemeinen Desinteresses, das in mir Melancholie auslöst. Heim hier in Österreich, das ist immer noch Fremde für mich. Heimat müsste in mir sein, aber auch da suche ich sie oft vergeblich. Der Kater war ein Stück Heimat, und jedes Mal, wenn ich ihn sah, habe ich das so empfunden. Aber der Kater ist tot, und oft genug wird mir bewusst, wie allein und einsam er mich zurückgelassen hat. Klar, die anderen Katzen sind da, brauchen mich. Aber das ist noch nichts, was so tief wurzelt wie bei meinem alten Kater, den ich siebzehneinhalb Jahre bei mir hatte.

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2016-05-04 15:29