himmel wild
von meinem fenster aus sehe ich die wolken. ich stelle mir vor, daß es einen sog gibt, der alles, was nicht von der schwerkraft gehalten wird, nach süden zieht. wie die wolken vor meinem fenster. ein bißchen jogginganzugblau, ein paar weiße spitzen, die nach oben zeigen, und ein riesiger hellgrauer körper, der schwer im horizont liegt, walmäßig breit.
davor die immergleiche kulisse: ein paar ziertannen, ein paar birken, die langsam unordentlich werden und darunter das täglich gemähte grün. heute, weil donnerstag ist, ein paar soldaten im festagsgewand, informationstag nennt man das.
der himmel ist das beste an meinem büro, und alles was sich hinter meinem rücken abspielt, ist mir egal. zu egal, wenn ich daran denke, was alles getan werden müßte. aber egal.
das motto des tages ist dieses eisblau, von dem ich weiß: in diesem augenblick sehe nur ich es.

im hinterkopf mahlen die räder. vor mir liegen zwei wochen urlaub, und ich habe nicht die geringste idee, was ich tun werde, abgesehen von den dingen, die ich tun muß:

opas haus ausräumen. traurig, und irgendwie unheimlich. sein geruch ist mit ihm ausgezogen, aber an jedem alten ausgewaschenen joghurtbecher haftet seine gewissenhaftigkeit. ein reicher mann, der sein haus verfallen läßt, risse mit tapete zudeckt, aber seine küche auf hochglanz poliert, und sagt: "wir haben eine schöne küche", auch wenn oma schon lange gestorben ist und die küche alles andere als schön ist.
werde ich es verstehen? ich finde es indiskret, jetzt seine kleider zu sortieren, seine nachthemden mit einem neuen waschmittel zu waschen. Sein schreibtisch hat keine geheimnisse. In der schublade, die ich als Kind immer aufbrechen wollte, weil sie als einzige versperrt war, liegen versicherungspapiere.
M., mein Freund und bald Mann, ist es im haus unheimlich. ich verstehe das. drum herum stehen hohe fichten, die immer leicht rauschen oder knacken. dadurch ist alles dunkel. nur die küche bekommt direktes sonnenlicht. vielleicht verstehe ich langsam: "wir haben eine schöne küche."